Leseprobe

200 Das Dresdner Residenzschloss im 20. und 21. Jahrhundert Der in der Bevölkerung beliebte König Friedrich August III. hatte am 13. November 1918 seine Abdankung erklärt. Zehn Tage später, während der Novemberrevolution, wurden alle Besitztümer des königlichen Hauses beschlagnahmt und 1919 vom neugegründeten Freistaat Sachsen übernommen. Dieser einigte sich 1924 vertraglich mit dem albertinischen Familienverein Haus Wettin über Entschädigungen – in der sogenannten Fürstenabfindung. Unter Aufsicht des Gesamtministeriums wurden die zur Residenz gehörigen Bauten mit den hier verwahrten Sammlungen weitergenutzt, wie die Gemäldegalerie oder das Albertinum. Oper und Schauspielhaus waren als Kunst- und Bildungsorte ebenfalls längst öffentlich zugängig. Im Residenzschloss selbst tastete man die kostbaren Sammlungen auch nicht an. Verwaltungs- und untergeordnete Wohnfunktionen bestanden fort, jetzt natürlich unter anderem Vorzeichen, das sich in den 1930er Jahren noch einmal deutlich wandelte. Während des Zweiten Weltkrieges blieben wenige ehemalige Residenzbauten in Nutzung. Die Vorbereitung zur Sicherung der Kunstgüter lief zunächst streng geheim, allerdings signalisierte spätestens 1943 die vom »Führer« angeordnete Farbdiaserie zur Dokumentation der wichtigsten Kulturbauten in ganz Deutschland, vornehmlich der Innenräume, die reale Gefährdungslage. Bei den Bombenangriffen am 13. und 14. Februar 1945 brannte das Residenzschloss aus. Nach Sichtung und Bewertung der immensen Kriegszerstörungen 1945 galt es, sich neben ersten Sicherungsmaßnahmen an den Ruinen auch um die Kunstgüter, die sich teils noch in den verlassenen oder ebenfalls zerstörten Schlössern und Rittergütern auf dem Land befanden, zu kümmern, sie zu bergen. An den Wiederaufbau des Residenzschlosses und der zur Residenz gehörigen Bauten war angesichts der Wohnungs- und Hungersnot in den ersten Nachkriegsjahren nicht zu denken. Die Sicherung der Ruinen und ihre späteren Nutzungs- und Rekonstruktionsmöglichkeiten erfolgte in Regie des Instituts für Denkmalpflege, wie das Landesamt ab 1952 durch die Schaffung des zentralen Denkmalinstitutes der DDR mit regionalen Außenstellen hieß. Unter Mithilfe vieler Gleichgesinnter und unendlichen Mühen, oft mit leerem Magen, blieben die meisten Ruinen bewahrt – das war unter den gegebenen Umständen viel. Einführung (1919 –2023) Für ihren Wiederaufbau war eine Menge vorzubereiten und stets galt es, die Ruinen vor dem drohenden Abbruch zu schützen. Seit den 1960er Jahren begann auf Initiative des Chefkonservators des Instituts für Denkmalpflege, Hans Nadler, die systematische fotogrammetrische Dokumentation des Bestands, die eine wichtige Basis für die nun einsetzende wissenschaftliche Erforschung durch das Institut bildete. Die bauhistorischen Forschungen intensivierten sich in den 1980er Jahren und seit 1982 erfolgten die ersten bauvorbereitenden Ausgrabungen durch das Landesmuseum für Vorgeschichte. Erst 1985 bekannte sich die DDR-Führung offiziell zum Wiederaufbau des Schlosses. Die vorangegangenen Forschungen bildeten die fundierte Grundlage für die bereits 1983 entstandene denkmalpflegerische Rahmenzielstellung, aus der eine überzeugende Nutzungskonzeption erwuchs. Pläne wurden nun sofort erstellt, Sicherungen und Sanierungen begannen. Der Freistaat führte schon 1990, ohne Unterbrechung, die gut vorbereitete Kulturbaumaßnahme fort, den Wiederaufbau dieses Monumentes sächsischer Geschichte.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1