Leseprobe

Gerdi Sippel 74 Zur Fotografie ist Gerdi Sippel, geboren 1951, über Umwege gekommen. Nach ihrem Facharbeiterabschluss als Hochbauzeichnerin konnte sie auf dem zweiten Bildungsweg an der Volkshochschule das Abitur ablegen. An der Palucca-Schule in Dresden studierte sie ab 1969 Künstlerischen Tanz und war bis 1978 beruflich als Tänzerin tätig. Eine Verbindung zur bildenden Kunst hatte sie zwar schon – sie besuchte beispielsweise Malzirkel –, aber erst später brachte ihr eine Freundin das Fotografieren näher. Schließlich nahm sie 1977 ein Fernstudium an der HGB in Leipzig auf, das sie 1983 erfolgreich abschloss. Mindestens einmal im Monat trafen sich die Studierenden vor Ort. Für die mehrwöchige Zeit zwischen den Blockveranstaltungen wurden ihnen Praxisaufgaben gestellt. In diesem Zusammenhang besuchte Gerdi Sippel in ihrem zweiten Studienjahr den in Karl-Marx-Stadt ansässigen Künstler Gerhard Klampäckel (1919–1998) in dessen Atelier und Wohnung (Kat.50–55).Die Fotografien der Serie zeigen den Künstler unter anderem bei der Arbeit. Eines seiner Werke liegt vor ihm auf einem Tisch. Den locker zwischen den Fingern gehaltenen Stift hat er angesetzt, um weiterzuarbeiten. Von allen Seiten begutachtet und bearbeitet er seine Grafik, während er augenscheinlich spricht. Im Hintergrund gesellen sich zu den auf niedrigen Regalen stehenden Pinseln, Farben und Papieren unter anderem Bücher, eine Brille, eine Armbanduhr, Kleidung und ebenso eine volle Milchflasche – vermutlich all das, was er für eine angenehme und erfolgreiche künstlerische Tätigkeit in seinem Atelier benötigt und was sich dort schon über einige Jahre angesammelt hat. Nichts davon wirkt inszeniert. Schon bei diesen frühen Arbeiten kristallisiert sich ein Thema heraus, das die Fotografien Gerdi Sippels auch später noch wesentlich bestimmen sollte: Sie verbildlicht Arbeitsprozesse und -spuren, die sich schließlich überall, wo sich Menschen aufhalten, bemerkbar machen. Gerdi Sippel Schöpferische Kraft

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