20 Hans-Ulrich Kessler schaft aus, die sowohl Gewand- und Aktfiguren als auch Landschaftsprospekte und Ornamente umfasst. Angermaiers technische Virtuosität verbindet sich hier mit sicherem Formgefühl – eine solide Grundlage für Petels weitere künstlerische Laufbahn. Nach seiner Ausbildungszeit folgte die auf drei Jahre angelegte Wanderschaft, die ihn zunächst nach Antwerpen führte – in die Werkstatt von Peter Paul Rubens. AUFENTHALT IN ANTWERPEN BEI PETER PAUL RUBENS UM 1620 Schon Joachim von Sandrart berichtete in seiner 1675 veröffentlichten Teutschen Akademie über Georg Petel, dass dieser »dann auch sehr viel bey Peter Paul Rubens aufgehalten / und seine Manier wol in Acht genommen / so er nachmals in seinen Helfenbeinen / theils andächtigen theils profanen, Bildern / sattsam zu erkennen gegeben«.15 Diese Passage ist besonders aufschlussreich, da wir hier nicht nur von ihrer Bekanntschaft, sondern auch von mehreren Besuchen bei Rubens erfahren. Zudem betonte Sandrart, dass Petel von seiner »Manier wol in Acht genommen«, also von seinem Stil beeindruckt und beeinflusst wurde, und nach dieser Art beziehungsweise seinen Werken, sowohl »andächtigen« – also christlichen – als auch profanen Bildern, gearbeitet habe. Es ist nicht bekannt, ob der Besuch bei Rubens 1620 in Antwerpen auf Eigeninitiative erfolgte oder ob etwa Herzog Maximilian I. von Bayern ihn dem Flamen empfohlen hatte und Petel mit einem Stipendium ausstattete. Jedenfalls bestand zwischen dem bayerischen Regenten und Rubens schon seit einigen Jahren eine besondere Beziehung, die außer ihrer Konfessionszugehörigkeit zum katholischen Glauben vor allem auch durch Maximilians großen Auftrag bezeugt ist: 1617 bestellte er vier große Jagdszenen für Schloss Schleißheim. Zur gleichen Zeit gab sein Schwager, Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578–1643), vier Altarbilder für Kirchen seiner Residenzstadt Neuburg an der Donau bei Rubens in Auftrag, die zwischen 1617 und 1622 entstanden. Darüber hinaus unterhielt Wolfgang Wilhelm enge Beziehungen zu Rubens’ wichtigem Mäzen Albrecht VII. (1559–1621) und seiner Gemahlin Isabella (1566–1633) am Brüsseler Hof, seit diesem 1614 nach dem Tod seines Vaters die bedeutende Grafschaft Jülich-Berg zugefallen war.16 Auch wenn wir keine Informationen darüber besitzen, ob Petel all diese bei Rubens bestellten Werke gesehen hatte, dürfen wir davon ausgehen, denn ihre faszinierende, bislang unbekannte dynamische Erzählweise prägte fortan auch Petels Werk. Die charismatische Ausstrahlung, die der damals 43-jährige Rubens auf den gerade einmal 18-jährigen Petel sicher ausgeübt hat, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden, zählte der Malerfürst doch schon unter seinen Zeitgenossen aufgrund seiner ausdrucksstarken, bislang unerreichten affektreichen Bildsprache zu den bedeutendsten und vielseitigsten Künstlerpersönlichkeiten. Nach seiner Ausbildung bei Otto van Veen (1556–1629) berief
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