Leseprobe

47 Georg Petels Kreuzigungsgruppe. Die Berliner Schächer und der Münchner Kruzifixus Jacob Rauch (1718– nach 1785) hergestellt waren, der die Gipse 1781 abnahm,17 wird der Abguss des Grabchristus Petels in der »Vierte[n] Nachricht« von 1782 als »Gekauft« erwähnt; andere Figuren gelangten als Geschenke in die Reichsstädtische Kunstakademie.18 Georg Christoph Kilian starb 1781. Seine Biografie zu Petel ist nicht datiert. Da er die Reichsstädtische Akademie – für die im Zuge 1779 eingeleiteter Reformen und durch maßgeblichen Anteil der 1800 gegründeten Privat-Gesellschaft die erwähnte Abguss-Sammlung angeschafft wurde – im Zusammenhang seiner Nennung der Gipse nicht erwähnte, mag dies als Indiz gelten, dass seine Biografie Petels einige Jahre davor datiert. Seine Hervorhebung der Gipse nach den Schächern mit Christus spiegelt somit wohl unabhängig von ihrer Verwendung in der StadtAkademie die Bekanntheit der Petel’schen Erfindungen fast eineinhalb Jahrhunderte nach dem Tod des Künstlers und ihre über diesen langen Zeitraum andauernde Vorbildfunktion wider. DREITEILIGE KREUZIGUNGSGRUPPEN MIT CHRISTUS UND DEN SCHÄCHERN UM 1600 Während der Gekreuzigte oftmals isoliert mit der Muttergottes und dem heiligen Johannes Evangelist, erweitert um die am Kreuzstamm kniende heilige Maria Magdalena, gezeigt wird beziehungsweise auch einzeln mit dieser – wie bei Petels großformatiger Bronzegruppe im Regensburger Niedermünster –, werden die Schächer zumeist im Rahmen vielfiguriger szenischer Schilderungen des sogenannten Volkreichen Kalvarienbergs dargestellt. Isolierte Darstellungen des Gekreuzigten mit den Schächern, die nicht Teil einer Passionsfolge sind, kommen hingegen seltener vor. Neben der Grafik finden sich Beispiele in der Monumentalskulptur und Kleinplastik von Spätgotik, Renaissance und Barock, wobei für kleinplastische Werke teils nicht zu klären ist, ob heute verlorene weitere Assistenzfiguren existierten. Für Petels kleinformatige Gruppe ist es daher von grundsätzlicher Bedeutung, das zeitgenössische Vorkommen vergleichbarer, aus diesen drei Figuren allein bestehender Kreuzigungsgruppen nachzuweisen. Dafür verweisen Schriftquellen sogar an den Münchner Hof wenige Jahre vor Petels vermuteter Lehrzeit bei dem Münchner Hofbildhauer Christoph Angermair (um 1580–1633). Während Petels Aufenthalt in München von 1617 bis 1620 arbeitete Angermair im Auftrag Herzog Maximilians I. von Bayern (1573–1651) ab 1618 an dem im Bayerischen Nationalmuseum aufbewahrten Münzschrein (Abb. S. 19) für den Herrscher, einem der Hauptwerke der Elfenbeinkunst des Barock.19 Das Vorkommen von Schächern mit Christus in der Bronzeplastik wird durch Philipp Hainhofers (1578–1647) Bericht seines Besuchs der Einsiedelei Herzog Wilhelms V. von Bayern (1548–1626) in Schleißheim 1611 belegt, wo er im Garten auf einem Kalvarienberg »Christus und die zwei Schächer aus Bronze gegossen« beschrieb:20

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