Leseprobe

102 Joachim Kreutner Neben dem stilistischen Vergleich ermöglichen auch die Befunde kunsttechnologischer Untersuchungen Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen verschiedenen Kunstwerken festzustellen und zu interpretieren. So können etwa die Verwendung bestimmter Materialien oder die Anwendung neuer Herstellungsverfahren Anhaltspunkte für eine zeitliche oder geografische Einordnung liefern. Übereinstimmungen in Details der Fertigungstechnik weisen oft auf eine gemeinsame Werkstatttradition hin. Vor diesem Hintergrund wurden die drei Statuetten der Berliner Schächer und des Münchner Kruzifixus mit verschiedenen naturwissenschaftlichen Methoden untersucht und werden im Folgenden im Zusammenhang interpretiert (Abb. 1). WORAUS SIND BRONZEN GEMACHT? »Bronze« ist sowohl umgangssprachlich als auch im kunsthistorischen Kontext ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Metallgemischen, sogenannten Legierungen, die überwiegend aus Kupfer bestehen. Im engeren materialwissenschaftlichen Sinn bezeichnet er seit dem 19. Jahrhundert Zinnbronzen. Neben dem Hauptlegierungselement Kupfer enthalten diese Bronzen hauptsächlich Zinn, meist zwischen 10 und 20 Prozent. Nimmt jedoch Zink den zweiten Platz ein, spricht man von Messing. Bronze und Messing sind im frischen, metallisch glänzenden Zustand und je nach Zusammensetzung mit bloßem Auge nur schwer oder gar nicht voneinander zu unterscheiden. So verwundert es nicht, dass viele mutmaßliche Bronzeplastiken – auch die drei Statuetten der hier behandelten Kreuzigungsgruppe – in Wirklichkeit aus Messing gegossen sind. Die Legierungsbestandteile spielen jedoch eine wichtige Rolle bei der Bildung der Patina. – 1 – Computertomografische 3-D-Rekonstruktion, separat gegossene Teile jeweils unterschiedlich farbig unterlegt: Georg Petel, reuiger und unbußfertiger Schächer, 1625/26, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin; Georg Petel, Kruzifixus, 1624/1626, Bayerisches Nationalmuseum München

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