Leseprobe

104 Joachim Kreutner gewordenen Sandform katastrophal misslungenen Bronzegusses.2 Doch auch wenn nur wenige Gase entstehen, führen diese wegen der in der erstarrten Bronze eingeschlossenen Gasblasen häufig zu sichtbaren Gussfehlern oder verhindern das vollständige Ausfließen der Form – etwa bei Fingern. Das oben vereinfacht geschilderte Verfahren des Bronzegusses führt zu einem Vollguss und ist sehr gut geeignet für kleinere Statuetten oder eher flache, reliefartige Objekte. Mit zunehmender Größe und Volumen steigt beim massiven Guss die Gefahr von gravierenden und irreparablen Gussfehlern: Beim Phasenübergang von flüssig zu fest, dem Erstarren, unterliegt die Legierung einer sprunghaften Kontraktion, das heißt, ihr Volumen schrumpft. Da die Abkühlung der Schmelze immer von der Form beginnend vor sich geht, also von außen nach innen, kann die bereits feste – und damit schon geschrumpfte – Randzone reißen. Solche Risse führen zu Oberflächenschäden, die nicht mehr reparabel sind. Um sie zu vermeiden, aber auch zur Materialeinsparung und um das Gewicht des Werks zu verringern, sind fast alle Bronzeplastiken als Hohlguss ausgeführt. Dieser erfordert einen Gusskern, den das flüssige Metall später umfließt und der, wie der Gussmantel außen, hitzebeständig sein muss. WIE ENTSTEHT BEIM WACHSAUSSCHMELZVERFAHREN EIN HOHLGUSS? — Im direkten Gussverfahren wird als Erstes der Gusskern modelliert. Dem dafür verwendeten Ton sind zur Stabilisierung Materialien wie Stroh oder Tierhaare beigemischt. Bei größeren Güssen kann außerdem ein Gerüst aus Drähten, Metall- oder Holzstäbe als stützende Armatur dienen. Hat der Kern annähernd die Größe und Form der gewünschten Plastik erreicht, wird er gebrannt. Die dann aufgetragene, vom Künstler gestaltete Wachsschicht hinterlässt später den Hohlraum für das Gussmetall und gibt so jedes Detail direkt wieder. Nach dem Anbringen der Guss- und Zuflusskanäle wird das Ganze nun wiederum mit einer feuerfesten Schicht umgeben. Sie bildet das Äußere der Form: den Gussmantel. Damit der Kern beim Ausschmelzen des Wachses seine Position innerhalb des Gussmantels beibehält, müssen Kern und Gussmantel mit Abstandshaltern miteinander verbunden werden. Diese Aufgabe übernehmen dünne Eisenstifte, die durch die Wachsschicht hindurch, jedoch nicht in voller Länge in den Kern eingeschlagen werden. Das nun folgende Ausschmelzen des Wachses geht immer mit dem vollständigen Verlust dieses ursprünglichen Gussmodells einher. — Mit dem indirekten Gussverfahren kann ein bereits vorhandenes Urmodell in eine gegossene Plastik umgesetzt werden. Das Urmodell muss vom Künstler nicht unbedingt eigens zur Herstellung eines Gusses angefertigt worden sein. Bekannt sind auch Bronzen auf der Grundlage bestehender Skulpturen, zum Beispiel aus Elfenbein.

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1