25 Technisches Kulturgut mit kolonialer Provenienz am Deutschen Museum | Bernhard Wörrle Technische Ethnografika Eine Abteilung für »Technik der Völker« oder Ähnliches hat es am Deutschen Museum nie gegeben. Dennoch finden sich in nahezu allen Fachgebieten kleinere oder größere Bestände von technischen Ethnografika, die großteils bereits in der Gründungsphase des Hauses zwischen 1903 und 19253 erworben wurden. Dazu gehört zum Beispiel eine auf die Fachgebiete Hüttenwesen und Metallbearbeitung verteilte Sammlung zur afrikanischen Eisentechnik: im Rennofenverfahren gewonnene Eisenluppen, Schmiedewerkzeuge, Herstellungsreihen wie die Bearbeitungsstadien beim Schmieden einer Speerspitze sowie exemplarische Endprodukte: schmiedeeiserne Hacken, Waffen, Tabakpfeifen, Schmuck usw. (Abb. 1).4 Bei vielen dieser Objekte weist bereits die Kombination aus Herkunftsregion und Erwerbungsdatum – Togo 1909 bis 1914, Kamerun 1912 bis 1914 – auf eine koloniale Herkunft hin: Beide Länder waren von 1884 bis zum Ersten Weltkrieg deutsche Kolonien. Weniger offensichtlich ist die koloniale Provenienz bei einem größeren Objektbestand zur Metallurgie und Schmiedetechnik der Mafa (Matakam) im Norden Kameruns, den der Schweizer Reiseschriftsteller und Filmemacher René Gardi (1909–2000) Ende der 1950er Jahre für das Deutsche Museum gesammelt hat. Zu diesem Zeitpunkt war Kamerun zwar nicht mehr deutsch, bis 1959 stand der von Gardi bereiste Landesteil 3 Vgl. Füßl, Wilhelm: Gründung und Aufbau 1903–1925, in: Füßl, Wilhelm/Trischler, Helmuth (Hrsg.): Geschichte des Deutschen Museums. Akteure, Artefakte, Ausstellungen München 2003, S. 59–101. 4 Weitere Fotos von vielen der im Text erwähnten Objekte sind auf der Seite www.deutsches-museum.de/ museum/provenienzforschung/koloniales-sammlungsgut bzw. in den dort verlinkten Blog-Beiträgen zu finden. 1 Schmiedegebläse aus Akpafu, Deutsch-Togo 1912 (Inv.Nr. 37168). Foto: Deutsches Museum, J. Detter.
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