103 in Betracht gezogen.9 Deren Bilder entstanden vermutlich auf der Grundlage von Grafiken aus dem erstmals 1608 publizierten Emblembuch Amorum emblemata (Abb. 2–4) des Otto van Veen.10 Stilistische Ähnlichkeiten zu existierenden Gemälden dieser Künstler wären bei der malerischen Umsetzung der Van-Veen-Grafiken bestimmend geblieben.11 Bei dieser Annahme sind existierende CupidoBilder, die in unterschiedlichen funktionalen Zusammenhängen stehen, bislang wenig berücksichtigt worden.12 So gibt es beispielsweise integrierte Bildchen mit 13 Darstellungen von Liebes-Emblemen in einem Antwerpener Kabinettschrank13 oder eine Bilderserie von 36 Bildern in der Raumdekoration der Bunten Kammer im Herrenhaus von Kohöved (heute Ludwigsburg) bei Eckernförde, die ein unbekannter flämischer Maler und Zeitgenosse Vermeers ebenfalls nach Grafiken aus dem Emblembuch Van Veens malerisch umsetzte (Abb. 5).14 Diese Bilder wird Vermeer wohl nicht gesehen haben. Sie belegen aber eine gewisse Beliebtheit solcher Nachschöpfungen nach dem immer wieder neu aufgelegten Emblembuch. Während in Ludwigsburg das ganze Spektrum der ikonografischen Möglichkeiten nach Van Veens Cupido-Varianten für den gehobenen Diskurs des Landadels ausgebreitet ist, hat Vermeer in seinen vier bekannten Hintergrundbildern nur wenige Motive aufgenommen und diese zudem noch adaptiert: Der mit einem Bogen ausgerüstete Liebesgott tritt bei Vermeer, im Unterschied zu Van Veen, auf zwei Masken, zusätzlich liegt auf dem Fußboden neben ihm ein Köcher mit Pfeilen. Dieses Köchermotiv kommt auf mehreren Stichen von Van Veen vor. Vermeers Londoner Cupido hält eine nicht näher gekennzeichnete Karte mit der linken Hand nach oben. Bei Van Veen ist es einmal ein Zahlenbrett mit einer Eins, ein anderes Mal der Ring des Gyges, die in dieser Haltung vorgezeigt werden. Bei diesen Variationen des Cupido-Motivs erscheint es fraglich, ob Vermeer nur auf ein einziges Gemälde oder eine Skulptur zurückgegriffen hat oder ob er zudem Kenntnis von dem Buch Van Veens hatte bzw. andere malerische Adaptionen der Grafiken desselben kannte, um die Attribute seiner Cupidos zu variieren. Dem Maler muss bei diesen Möglichkeiten zugleich der emblematisch-ikonografische Kontext des Liebesgottes mit den unterschiedlichen Attributen vor Augen gestanden haben, wenn er die in ihrer Größe keineswegs bescheidenen Cupido-Hintergrundbilder in seine Gemälde einbaute.15 Vermeer-Gemälde in »kastjes« Eine weitere Überlegung leitet sich aus der Kenntnis ab, dass Jacob Abrahamsz. Dissius, der mit Juffr. Magdalena van Ruijven, Tochter des Vermeer-Sammlerpaares Pieter Claesz. van Ruijven und dessen Frau Maria de Knuijt, verheiratet war, drei VermeerBilder in »kastjes« besaß – wie aus seinem NachAbb. 5 Unbekannter flämischer Künstler, Amor hält den Ring des Gyges hoch und tritt auf eine Maske, um 1670, Öl auf Eichenholz, Bunte Kammer im Herrenhaus Ludwigsburg bei Eckernförde, Bild Nr. L 29
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