Leseprobe

6 Vorbemerkung und Danksagung Johanna Beckmann Hans-Kock-Stiftung Hans Kock starb am 10. September 2007 in seinem 87. Lebensjahr in Seekamp – er befand sich mitten im Schaffensprozess seines Spätwerkes. In seinem Hamburger Atelier hatte er gerade die Arbeit an neuen Fassungen von drei seiner großen Figuren abgeschlossen: »Der Junge« (WV 6), die »Große Doppelfigur« (WV 146), heute im Barockgarten in Schleswig, und die »Große Weibliche Figur mit Tuch« (WV 19). Auch einige der Kleinplastiken erhielten den letzten Schliff für die Freigabe zum Guss. Die Vollendung seines nach langjährigen Gründungsverhandlungen mit der Stadt Kiel 1986 endlich begonnenen Projekts des Skulpturen-Parks der HansKock-Stiftung in Seekamp war noch nicht erreicht. Eine weitere Figur, »Kopf der Hamburgerin« (WV 126), sollte noch im Park aufgestellt werden, und die Planung sowie der Baubeginn eines Forums, bestehend aus skulpturaler Architektur, war seit den späten 1990er Jahren immer noch in vollem Gange (WV 160). Trotz seines hohen Alters arbeitete Hans Kock mit Elan an der Verwirklichung des Gesamtprojekts zur »Begegnung der Künste«. Sein plötzlicher Tod hat das hinterlassene Werk in dessen eigene »Vollendlichkeit« freigesetzt – das waren seine von ihm oft wiederholten Worte zum eigenen Trost in der letzten Lebensphase schwindender Kräfte. Dieses Buch soll – nunmehr fast 20 Jahre nach dem Tod des Bildhauers – die Gesamtheit und den inneren Zusammenhang seines Werkes erfassen. Der Schwerpunkt seiner Arbeit und deren Leidenschaft lagen in der Gestaltung des öffentlichen Raumes durch Skulpturen im Dialog mit dem jeweiligen Ort. Da es sich um Großskulpturen, oft in Granit gehauen, handelt, ist der überwiegende Teil des Werkes ortsgebunden und somit in seiner Vielfältigkeit nicht im Zusammenhang etwa einer Ausstellung darzustellen. Um die gesichtshafte Anschauung dieses reichen Gesamtwerks und dessen so frappierend eigentümliche und unverwechselbare Formensprache, die alle Werke trotz großer Verschiedenheit vereinigt, zu zeigen, haben wir uns entschlossen, im ersten Schritt das Werkverzeichnis der Skulpturen in Form eines gedruckten Buches vorzulegen und nicht die digitale Veröffentlichung zu wählen. Im Werkprozess von Hans Kock gab es die zwingende Wechselwirkung zwischen den Groß- und Kleinplastiken. Den Großplastiken stehen die Kleinplastiken zur Seite. Als Ideenskizzen für die Großprojekte entstanden, werden sie aus der Erfahrung der Arbeit an dem jeweiligen Großprojekt zu eigenständigen Werken weiterentwickelt. Die Kleinplastiken sind kristallinische Körper von vollkommener plastischer Form und eigener Monumentalität im Raum. Kock sprach von Denkzeichen im Sinne von Gelungenheit in dem Streben zur für ihn nie zu erreichenden Vollendung. Das Entstehen hin zum Bleiben seiner Werke beschrieb er als einen unvorhersehbaren Prozess des Abtastens von Volumen und Oberfläche im Zuge der Verwandlung von Materie im Raum. Einige Werke und Themen der frühen Jahre, wie die »Weibliche Figur« und später die »Rose«, werden immer wieder aufgenommen und bis zuallerletzt der eigenen Kritik unterzogen, und zwar mit einer Radikalität, die im Zugriff auf die einzigen Gipsmodelle bereits in der Welt befindlicher Werke das jeweilige Originalmodell unwiederbringlich vernichtet und damit die entstandene Metallfassung, wiederum ziseliert und skulpturiert, zur neuen Ausgangsfassung macht. Diese wurde dann – freigegeben – vom Künstler zum künftigen Gussmodell bestimmt. Das Unwiederbringliche und Ereignishafte jedes Gussprozesses in der Gießerei hat Kock im Jahr 1989 selbst lebendig beschrieben: »Das [skulpturale] Gipsergebnis diente der Bronzegießerei als Vorbereitungsstufe für den Metallguß (im Wachsausschmelzverfahren) und wurde handwerklich zum Wachsmodell umgeformt. In diesem Zustand lag eine letzte Gelegenheit des direkten Tastens, ohne Werkzeug noch einmal Hand anzulegen. Das Wachs bringt in Erstarrungsbereitschaft, wie auch in seiner durch Wärme erzeugten Schmiegsamkeit bis zum Flüssigwerden, eine formbergende und formhergebende Verwandtschaft zum Erz ein. Dieses ist das eigentlich bildherstellende Material, das als flüssige Bronze in die Leere des ausgeschmolzenen Wachses der im Brennofen gehärteten Gips-Schamott-Form eingegossen wird. Als Erstarrungsergebnis ist es das Annäherungsvolumen zu jener im Ganzen endgültig mit Meißel, Feile und Punzen zu bearbeitenden Metallskulptur, deren nuancierte Endfassungen in der Stärke der Gußwandung beschlossen liegt. Darin ereignet sich möglicherweise das Erscheinen des Bildes.«1

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