Leseprobe

77 Joachim Schneider – Fürstenkorrespondenz in Kriegszeiten zwischen Vater und Sohn 1680) war schon 1625 als Administrator im Erzstift vorgesehen, 1628 durch das Domkapitel gewählt worden und konnte nun in sein Amt eintreten. Die Schweden siegten allerdings wenig später in der Schlacht von Wittstock, woraufhin sich das sächsische Heer zurückzog.23 In den folgenden Jahren bewegten sich die schwedischen Heere oft beinahe nach Belieben durch Sachsen und die angrenzenden Regionen. Sie besetzten wiederholt große Teile des Kurstaats und hielten Städte wie Chemnitz, Zwickau oder Görlitz und insbesondere Leipzig oft längere Zeit in ihrer Hand. Allein Dresden blieb unter den wichtigsten Städten durchgehend unbesetzt, hatte aber ebenfalls unter Einquartierungen zu leiden und das unmittelbare Umland wurde mehrfach durch Kriegszüge in Mitleidenschaft gezogen.24 Der Kurfürst nahm mehrfach selbst an Belagerungen wichtiger feindlich besetzter Städte bzw. fester Plätze in Sachsen teil und hielt sich dann über Wochen oder gar länger außerhalb seiner Hauptstadt auf,25 während sein Sohn mit seiner Familie sowie der Geheime Rat im keineswegs ungefährdeten, aber doch sichereren Dresden verblieben. Diese Situationen waren jeweils Anlass für eine dichte Korrespondenz zwischen dem Prinzen und seinem Vater. Neben dem schon erwähnten längeren Kriegszug nach Norddeutschland 1635/36, einschließlich der erfolgreichen Belagerung von Magdeburg, treten in dieser Hinsicht die ebenfalls im Beisein des Kurfürsten erfolgten Belagerungen und Eroberungen von Görlitz 164126 sowie die von Chemnitz 164427 mitsamt weiteren Erfolgen des Kurfürsten entlang der Mulde hervor. Insbesondere die Korrespondenz aus der Zeit der Belagerungen von Görlitz und Chemnitz sollen im Mittelpunkt der folgenden Untersuchung stehen. Konventionen Die regelmäßig benutzten gegenseitigen Anreden wie auch die Verwendungsweise rhetorischer Formen bilden den Rangunterschied zwischen den beiden Kommunikationspartnern ab. Während die Rhetorik der Briefe des Kurfürsten eher knapp und relativ starr ist, variierte Johann Georg II. die einleitenden Sätze seiner Briefe, mit denen er den Vater ansprach und dabei rhetorisch um Aufmerksamkeit warb, stärker. Ein Beispiel ist die Eröffnungsformel in einem Brief des Sohnes vom 26. Juli 1641, geschrieben kurz nach der Abreise Johann Georgs I. aus Dresden nach Görlitz. Der Sohn bekräftigte seine jüngst noch persönlich geäußerten Wünsche nunmehr im Medium des Briefes und betonte so seine trotz der Trennung weiterhin bestehende geistig-emotionale Verbundenheit mit dem Vater und mit dessen Wohlergehen: E.Gn. durch ein gehorsambtes brieflein auffzuwardten, hatt meine kindliche schuldikeitt erfordert, nehme hiemitt nochmahls abschitt von deroselben mitt wünschung von Gott dem Almechtigen zu dero krieges expetition gelücklichen success.28 Ein weiterer rhetorischer Kunstgriff, der persönliche Nähe herstellen sollte, erscheint im nächsten Schreiben des Sohnes, wenn er mit diesem brieflein [seinen Vater] 1–2 Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen (recto) mit seinen Söhnen (verso; Johann Georg II. erster von links), Dresden, um 1625. Öl auf Leinwand auf Holz, H. 17,4 cm, B. 16,9 cm. Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Rüstkammer, Inv.-Nr. H 0182, Foto: Hans-Peter Klut

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