Leseprobe

q 170 Heidrun Stein-Kecks mittleren beiden Jochen vorgelagerten Vorbau heruntergezogen, der in der westlichen Hälfte eine Vorhalle zum einzigen Portal in die Kirche sowie im östlichen Teil eine vom Kircheninneren, vom Chorjoch aus zugängliche Sakristei beherbergt. Hohe Spitzbogenfenster schließen in ihrer Gleichförmigkeit das Chorjoch mit dem Polygon als fünfseitigen Chorbau zusammen.14 Die Nordseite des Saalbaus weist bis auf ein kleines Rechteckfenster keine Öffnungen auf, was für dort ehemals bestehende bauliche Strukturen spricht. Vermutlich stammt es wie das gleichartige Fenster in der Westwand aus der Zeit nach der Abtragung des Turms im 19. Jahrhundert; darüber im Scheitel ein Okulus (Abb. 2, 3). Das westliche der insgesamt vier Joche wird von einer (erneuerten) hölzernen Empore eingenommen; das östliche ist um eine niedrige Stufe erhöht und verbindet als Chorjoch das Langhaus mit der dreiseitigen Apsis. Die Jochgliederung erfolgt durch Halbsäulen mit fünfseitig abgefasten Kapitellen auf gekehlten Wandvorlagen. Das tief heruntergezogene Netzgewölbe entbehrt der ursprünglichen plastischen Rippen, die im 17. Jahrhundert zu Gunsten einer zeitgemäßen Raumfassung abgeschlagen wurden. Als erster dokumentierter Schritt einer Barockisierung wurde 1628 ein neuer Hochaltar als Stiftung des Johann Kaspar von Kuenburg (gest. 1628), Land- und Urbarrichter in Abtsdorf u. a., errichtet.15 Weitere Ausstattungsstücke weisen auf eine zweite Erneuerungsphase in den 1670er und 1680er Jahren hin: So trägt ein Beichtstuhl, der wohl gleichzeitig mit Kanzel und Chorgestühl gefertigt wurde, die Jahreszahl 1676. Das Altarblatt mit dem Hl. Florian im ursprünglich seitlich postierten, heutigen Hochaltar ist 1688 datiert und signiert von Johann Michael Rottmayr (1654–1730), dem in Laufen gebürtigen, späteren fürsterzbischöflichen und kaiserlichen Hofmaler.16 Ein erster Hinweis auf eine mittelalterliche Ausmalung findet sich im Denkmälerinventar von 1905: »An den Wänden und der Decke sind allenthalben unter der späteren Tünche Spuren einer durchgängigen spätgothischen Ausmalung der Kirche zu bemerken, ornamentale und figürliche Darstellungen; von letzteren noch über der Thüre eine Kreuztragung, Auferstehung und Apostelfiguren kenntlich«.17 In einer Mitteilung vom 20. Mai 1906 an das Direktorium des Generalkonservatoriums notierte ein gewisser Anton Holzbauer, Steueradjunkt, seine vor Ort von der Kirche gewonnenen Eindrücke. In der »sehr alten Kirche«, die er mit Vorbehalt (»wenn ich nicht irre«) ins 12. Jahrhundert datierte, sah er »an deren Deckgewölbe durch die jetzige Weißtüncheschichte (sic) Fresken schimmern«. Aufgrund der Tatsache, dass sie als »Privatkirche der Salzburger Erzbischöfe hergestellt worden« und der Ort einst von einer »größeren Bedeutung« gewesen sei, was er einem in der Kirche aushängenden Auszug aus einer Chronik entnommen habe, vermutete er, dass »die jetzt übertünchten Fresken in der Kirche [...] wahrscheinlich nur von besten Künstlerhänden geschaffen wurden und nun dem Verfall entgegen gehen.«18 Mit Verweis auf den Eintrag im Band der Kunstdenkmäler korrigierte man im Generalkonservatorium in einer Notiz zu diesem Schreiben die Datierung des Baus ins späte 15. Jahrhundert; die Ausmalung sei wenig jünger, wobei nicht zwischen der von Holzbauer lokalisierten Deckenmalerei und Malereien an den Wänden oder verschiedenen Ausmalungsphasen differenziert wird. Abschließend wird festgestellt: »Es besteht kein dringender Grund, an eine Aufdeckung der Fresken, die ziemlich erhebliche Mittel beanspruchen würde, z. Z. heranzutreten. Die Malereien scheinen nicht hervorragender Art zu sein. Mittel aus Staatsfonds könnten kaum in Frage kommen und solche aus dem Kirchensvermögen (sic) dürften kaum zur Verfügung stehen.«19 Diese Befürchtung bestätigt sich, als sechs Jahre später nach dem Abschluss von Reparaturen am Turm eine Entscheidung über die Renovierung des Innenraums getroffen werden sollte. Dem Wunsch der »Filialisten von Abtsdorf [...], daß auch die Kirche im Inneren nun übertüncht wird«, sieht sich der damals als Pfarrvikar von Saaldorf amtierende Pfarrer von Salzburghofen »wegen der deutlichen und schönen Spuren von Abb. 1 Filialkirche St. Philippus und Jakobus, Abtsdorf, 15. Jh. (Reproduktion nach Postkarte, Abtsdorf, Kirche).

RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1