q 172 Heidrun Stein-Kecks gegebenen Bildfelder. Des Weiteren fallen die fast lebensgroßen Einzelfiguren in jedem der Joche ins Auge, die zusammen mit dem überlebensgroß hervorgehobenen Christophorus den formalen und ikonografischen Kern der Ausmalung bilden. Von farblich kontrastierenden Ehrentüchern hinterfangen und mit verschiedenfarbigen Nimben ausgezeichnet,26 präsentieren sie sich in ebenso feierlicher Pose wie in leichter Bewegung aufeinander zu und umgrenzen den Innenraum mit einer Versammlung von Heiligen. Narrative Szenen bzw. biblische oder hagiografische Historienbilder fehlen dagegen. Als drittes prägendes Element treten vielfältige Rankenornamente hervor, fein gezeichnete und locker geschwungene Blatt- und Blütenranken, ohne geometrische Strenge oder sich wiederholenden Musterrapport, in breiten Friesen, als Bildgrund, als Figurenbaldachin, Stoffmusterung, die Architektur begleitend und die Bildfelder rahmend. Alles in allem dominiert den Eindruck nicht die bauliche Geschlossenheit eines Innenraumes, vielmehr suggeriert die Malerei einen durch die Reihe der Heiligen und textile Behänge umgrenzten Ort in einer ornamental gestalteten »Natur«; sie eröffnet zudem einen Blick in den mit (heute roten, kaum mehr erkennbaren) Sternen überzogenen »Himmel«, in dem weitere als Einzelfiguren herausgehobene Heilige in den Lünettenfeldern als einem zweiten Register erscheinen. Im Einzelnen betrachtet, variiert die Gestaltung der Joche aufgrund formaler, architektonischer oder auch ikonografischer Notwendigkeiten. Der heute sichtbare Bestand der spätgotischen Malereien erstreckt sich über die drei östlichen Jochfelder der Nordseite (Schiff und Chor) sowie das nördliche des Apsispolygons (Abb. 4, 5). In den weiteren Apsisfeldern sowie an der Südseite wurden Rundbilder mit Büsten der Apostel mit Weihekreuzen inselartig freigelegt. Sie scheinen die älteste Schicht der figürlichen Ausmalung darzustellen, denn dort, wo weitere Malereien freigelegt sind, nehmen diese auf die demnach bereits vorhandenen Medaillons Rücksicht. Im mittleren Joch des Kirchenschiffes, dem Eingang direkt gegenüber, erscheint die Gestaltung der gesamten Schildbogenfläche als einheitliche Komposition (Abb. 6). Der Aposteltondo, in dem hier der Hl. Thomas mit Lanze, bärtig, mit grünlichem, über den Kopf gezogenem Umhang über einem weißen Gewand dargestellt ist, das Weihekreuz auf der Brust, markiert etwa in Augenhöhe die Mitte der Jochbreite. Der heute schwarz erscheinende Rahmen, der einen profilierten Holzrahmen um den gelben Grund nachahmt und damit den Tondo als eigenständiges »Bild« an der Wand erscheinen lässt,27 sprengt in flachen Segmentbögen die gelbe Begrenzung über und unter einem breiten Rankenfries, der als Sockel für das große Bildfeld dient. Die mit gelben Blüten besetzte Blattranke aus schmalen grünen und Abb. 4 Nordwand der Filialkirche St. Philippus und Jakobus, Blick von der Empore, Abtsdorf, 15. Jh. (Foto: Heidrun Stein-Kecks).
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