Leseprobe

17 Mit In Madagaskar (2017) knüpft Margit Emmrich in mehrerlei Hinsicht an ihre Arbeiten der 1970er und frühen 1980er Jahre an (S. 52–57). Auch hier arbeitet sie aus einem sozialdokumentarischen Impetus heraus. Ähnlich wie in ihren Berlinfotos interessiert sich Margit Emmrich für die Menschen, für jede*n einzelne*n wie für die Gesellschaft als Ganzes. Anders als in ihrem Frühwerk handelt es sich jedoch nicht um groß angelegte, im Voraus konzipierte und über mehrere Monate konsequent ausgearbeitete Projekte, sondern um spontane Einzelbilder. Die Fotografin bewegt sich in einer ihr unvertrauten Umgebung. Die Bilder sind das Resultat des Blicks auf eine andere, ihr fremde, wenn auch nicht gänzlich unbekannte Kultur. Ganz andere Aspekte des Schaffens von Margit Emmrich offenbaren die Industriefußböden (2009). Hier zeigt sich der dokumentarische Gehalt der Bilder erst auf den zweiten Blick. Ohne zusätzliche Informationen über den Entstehungszusammenhang sehen wir nur abstrakte, von Ferne an die Konturen von Tieren oder Menschen erinnernde Formen. Aufgenommen hat Emmrich die Fußböden in nach 1990 stillgelegten Industriebetrieben in Leipzig. Insofern erzählen sie von der sozialen Umbruchsituation dieser Zeit und sind eben auch Zeugnisse (mit-)menschlicher Situationen. Christian Borchert Familie M. (Diplomingenieur für Elektrotechnik, Stenotypistin/Ökonomin), Cottbus, 1983 Family M. (Electrical engineer, Shorthand typist/Economist), Cottbus, 1983

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