Nachdem das Oldenburger Ministerium des Innern Stirnemanns Vertrag mehrfach verlängert hatte, machte die Behörde deutlich, dass sie einer Vertragsverlängerung über den 31. März 1929 hinaus nicht zustimmen werde.1 Hanna Stirnemann musste sich daher bereits während ihrer Anstellung in Oldenburg nach einer neuen Betätigungsmöglichkeit umsehen. Gegenüber Frankl hatte Müller-Wulckow bereits seine Begeisterung über die Arbeit Stirnemanns zum Ausdruck gebracht. »Es genügt eigentlich zu sagen, dass er Frl. Stirnemann im Grunde als Assistentin angestellt hätte, wenn in Oldenburg die Widerstände gegen die Weiblichkeit nicht unüberwindlich gewesen wären«,2 berichtet Frankl dem Direktor des Jenaer Stadtmuseums Paul Weber daher, als er von dessen Suche nach einer Kuratorin für das zu gründende Heimatmuseum in Greiz erfährt. Müller-Wulckow und Frankl vermitteln ihr daraufhin ein Vorstellungsgespräch bei Paul Weber,3 der in die Greizer Planungen involviert ist.4 Im September 1928 erhält Hanna Stirnemann schließlich ein Stellenangebot vom Oberbürgermeister der Stadt Greiz, Reinhard Erbe (1885–1946): »Geehrtes Fräulein Stirnemann! Herr Professor Weber in Jena hat Anfang dieses Jahres darauf aufmerksam gemacht, dass Sie gegebenenfalls bereit wären, die Neueinrichtung unseres Heimatmuseums zu übernehmen. Es handelt sich lediglich um eine Arbeit von einigen Monaten, nicht um eine Dauerstellung. Ich frage hiermit ergebenst bei Ihnen an, ob Sie zur Zeit frei und bereit sind, eine solche Arbeit zu übernehmen. Es handelt sich darum, dass verschiedene Sammlungsgegenstände, die sich für ein Heimatmuseum eignen, bis jetzt in Kisten und Kasten verpackt stehen und nunmehr in schöne lichte Räume des früheren Fürstlichen Schlosses untergebracht und dadurch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen.«5 Für Hanna Stirnemann bietet die Offerte aus Greiz eine großartige Chance: Das Stellenangebot gibt ihr die Möglichkeit, in ihre Heimatregion zurückzukehren, und mit der Einrichtung und Ausgestaltung eines ehemaligen Residenzschlosses zu einem modernen Museum ist sie durch ihre Arbeit in Oldenburg bestens vertraut. Abgesehen von der Klärung der Kündigungsfristen in Oldenburg stellt sie zunächst einige Rückfragen, bittet, ihr mitzuteilen, »welche Zeitspanne etwa für die dortigen Arbeiten in Betracht kommt, was an monatlicher Vergütung vorgesehen ist, welche Mittel für Einrichtungsmaterial und Schaugerät zur Verfügung stehen«, erkundigt sich nach dem Vorhandensein eines Sammlungsverzeichnisses und – offensichtlich aus der Erfahrung ihrer Arbeit im Oldenburger Schloss – danach, ob die betreffenden Räume während der Wintermonate ausreichend beheizt und beleuchtet werden können.6 Nachdem Stirnemann die entsprechenden Auskünfte (Mittel für die Neueinrichtung sind nicht festgelegt, Beheizung und Beleuchtung sind dürftig, eine Verzeichnis existiert nicht usw.) erhalten hat, berät sie sich mit Walter Müller-Wulckow und bittet, die befristete Projektstelle zum
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