Das berufliche Ende am Stadtmuseum Jena kam für Hanna Hofmann-Stirnemann nicht unerwartet, doch bildete ihre Entlassung einen entscheidenden Einschnitt in ihrer Karriere. Zunächst planen Hanna und Otto Hofmann in Jena zu bleiben, »da hier der boden für unsere arbeit noch am besten ist und ein wirtschaftliches fundament bildet«, wie Otto Hofmann im April 1935 an Wassily Kandinsky nach Paris schreibt.1 Noch im Oktober 1935 kann Otto Hofmann sich an einer Ausstellung des Kunstvereins zum »Graphischen Schaffen der Gegenwart« beteiligen,2 die vom Städtischen Museum Erfurt zusammengestellt wurde und dort zuvor zu sehen war. Zum 1. Dezember 1935 geben Hanna und Otto Hofmann ihre Wohnung in Jena auf.3 Sie ziehen nach Berlin, wo das Paar hofft, neue Betätigungsfelder zu finden. Bis Ende 1937 wohnen sie in einer Dachgeschosswohnung in der Regensburger Str. 28 in Berlin-Wilmersdorf. »Uns geht es seelisch-geistig gut, wirtschaftlich schlecht, Grundstimmung ist zuversichtlich u. ich selber lerne immer mehr [. . .] dieses in der Luft hängen«, berichtet sie dem befreundeten Ehepaar Heide im Frühjahr 1936 aus Berlin: »Als der 15. 1. kam, dachte ich etwas wehmütig an das ausbleibende Gehalt. Dieses Jonglieren und Balancieren ist nicht ohne Spannungsmomente. Mit der Arbeitslosenunterstützung klappt es nämlich noch immer nicht. Ottos Bedürftigkeit muss erst geprüft werden, ferner die Vermögenslosigkeit von Urahne, Grossmutter, Mutter u. Kind. Das dauert natürlich lange. Also Autarkie. [...] Im Übrigen bin ich in erweitertem Sinne Hausfrau mit tägl. Kochen, Reinemachen, Aufwaschen, und habe trotz anfängl. Rückenschmerzen Spass daran. Am beglückendsten ist, dass der Mann von früh bis spät malt u. schöne Bilder entstehen [. . .]. Schön sind die Museumsgänge für nur 10 Pf. Eintritt mit Wiedersehen vieler schöner alter Meister. Der Kreis von Menschen mit dem wir zusammen sind, ist sehr lebendig u. unabhängig.«4 Für ihre »vielen Bewerbungsschreiben« lässt sich »Dr. Hanna Hofmann- Stirnemann« ein eigenes Briefpapier drucken.5 So versucht sie beispielsweise im Feuilleton des Berliner Tageblatts unterzukommen: »Neulich war ich bei dem Berliner Tageblattmann ([Erich] Pfeiffer-Belli), einem jungen, sehr gelassenen, etwas blasierten Gentleman, der sehr höflich war, durchaus nicht ablehnend aber grenzenlos undurchsichtig und unpersönlich. Ich liess bisher Geschriebenes dort u. warte nun auf meine ›Berufung‹«, teilt sie dem Ehepaar Heide mit.6 Gemeinsam werben Hanna und Otto Hofmann für Subskribenten für Otto Hofmanns Grafiken: Im April 1936 haben sie schließlich sechs Abonnenten gefunden, die für fünf Mark monatlich eine Druckgrafik abnehmen – und dem Ehepaar somit einen Großteil der Miete finanzieren. Otto Hofmann erteilt darüber hinaus Privatunterricht. Bereits im Vorjahr hatte er mit seinem ehemaligen Bauhaus-Kommilitonen Hans Thiemann, mit dem er sich gegen Ende der gemeinsamen Studienzeit in Dessau überworfen hatte,7 geplant, eine Malschule zu eröffnen. Thiemann, der nach der langen Kontaktlosigkeit zunächst unentschlossen war, bat Kandinsky um Rat. Dieser empfahl: »Selbst habe ich nur gute Erfahrungen mit ihm [Otto Hofmann] und habe nie etwas Negatives über ihn gehört. Er ist begabt und die Energie selbst. [...] Man könnte aber vielleicht eine spezielle ›Damen-Malschule‹ gründen [...]. Sonst ist eine
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