Leseprobe

128 illustriert ist, um die Diskrepanz zwischen der angestrebten Modernisierung und der Realität deutlich zu machen. Die Realität beschreibt Piana allerdings in düsteren Farben: »Überaltertes Personal, fehlender Nachwuchs, Mangel an jeglichem Material, an Glas, Baustoffen, Holz, Nägeln, Farbe, Pappe, scheint auf den ersten Blick ein unlösbares Problem; aber über allem steht die Forderung nach einer durchgreifenden Reform. [...] Die Museen sind keine Orte für gemütliche Bastelstunden oder Experimente einzelner weltfremder Träumer. [. . .] Allen kulturpolitisch verantwortungsbewußten Persönlichkeiten und Organisationen [...] muß jetzt zum Bewußtsein kommen, daß von ihrer Initiative und Tatkraft die Zukunft einiger unserer hervorragendsten und nach der Zerstörung wertvoller Kulturdenkmäler noch wichtiger gewordenen Bildungsstätten abhängt.«8 Im Januar 1949 lädt Hanna Hofmann-Stirnemann zu einer weiteren Museumleitertagung nach Weimar ein. Nach dem Tod des Germanisten und Archivdirektors Hans Wahl im Februar 1949 übernimmt sie vom März bis Mai des Jahres zudem die interimistische Leitung des Goethe- und Schiller-Archivs in Weimar.9 Auch hier macht sie sich sofort mit den neuen Aufgaben vertraut und übernimmt die Beantwortung zahlreicher Benutzeranfragen.10 So reagiert sie auf eine Anfrage aus Erfurt im April des »Goethe-Jahrs« 1949 hilfsbereit: »Nachstehend geben wir Ihnen folgende Literatur zu Ihrem Vortrag über ›Goethe als Jurist‹ bekannt [...].«11 Wie in Jena greift Hofmann-Stirnemann auch in Weimar das Thema Bestandsschutz auf und entwickelt in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei Leitlinien, um die Sicherheit der Archivschätze zu verbessern.12 Aufgrund des »ständigen Eingreifen[s] der Besatzungsmacht und [der] Verständnislosigkeit der zuständigen Stellen des Volksbildungsministeriums«13 legt sie das Amt der Museumspflegerin für Thüringen und Leiterin des Museumsreferats jedoch bereits Ende August 1949 nieder, um sich ganz auf ihre Arbeit in Rudolstadt zu konzentrieren. Auch das Ausbleiben einer angemessenen Vergütung mag dabei eine Rolle gespielt haben: »In den anderen Ländern der Zone sind für diese Aufgabenbereiche 3 bezahlte Stellen vorhanden (Museumsleiter, Landesmuseumspfleger, Referent)«, hatte sie gegenüber dem Ministerium für Volksbildung im Mai 1949 argumentiert, »und ich bin grundsätzlich der Auffassung, daß in meinem Falle die Vergütung nicht der geleisteten Arbeit entspricht und damit auch nicht im Einklang steht mit der Verordnung der DWK [Deutsche Wirtschaftskommission] zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der schaffenden Intelligenz.«14 Museumsdirektorin in Rudolstadt Als Direktorin des Schlossmuseums auf der Heidecksburg kann sie an ihre Vorkriegstätigkeit in Jena anknüpfen. Aus dem ehemals fürstlichen Schloss entwickelt sie ein kunst- und kulturgeschichtliches Museum in historischen Schlossräumen, erweitert die Sammlungen, führt Ausstellungen und Veranstaltungen durch und richtet die Räume neu ein: »So ließ ich in Rudolstadt trotz großer Materialschwierigkeiten vier Räume für solche monatlich wechselnden

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