Am 17. Oktober 1950 – wenige Tage nach Hofmann-Stirnemanns 51. Geburtstag – erhalten Hanna und Otto Hofmann durch den Magistrat von Groß-Berlin die Anerkennung als politische Flüchtlinge und einige Monate später die unbefristete Zuzugsgenehmigung, wobei ihnen ihr kulturelles Engagement zu Gute gehalten wird. Der befreundete Bauhaus-Kommilitone Otto Hofmanns, Hubert Hoffmann, der bereits 1949 von Weimar nach West-Berlin übergesiedelt war, erinnert an den Exodus der Vertreter der künstlerischen Avantgarde und Abstraktion aus der frühen DDR: »man bewegte sich in den vorstellungen stalins von bildender und darstellender kunst, die denen des dritten reiches überraschend ähnelten. wir waren vom regen in die traufe geraten [...] will grohmann, [gustav] hassenpflug, dr. hanna und ott[o] hof[]mann, [otto] lindig, [alfred] arndt, [curt] lahs – die führenden bildenden künstler verließen im laufe der nächsten zwei jahre die ostzone«.1 Ihr Hab und Gut hatten Hanna und Otto Hofmann fast vollständig in Rudolstadt zurücklassen müssen. Nach langwieriger Prüfung durch die Volkspolizei werden die Reste das Hausstandes im Frühjahr 1951 freigegeben, von Otto Hofmanns Eltern abgeholt und nach Jena verbracht. Neben Möbeln und Einrichtungsgegenständen zählt das Protokoll der »Übergabe-Verhandlung« zwischen den Staatlichen Museen Heidecksburg und Otto Hofmanns Mutter Anna Porzellanplastiken von Ernst Barlach und Gerhard Marcks sowie grafische Blätter von Karl Hartung, Juro Kubicek, Hans Thiemann, Heinz Trökes und Mac Zimmermann auf.2 Neustart und Entschädigung Der berufliche Neustart in West-Berlin ist für Hanna Hofmann schwer, doch im Frühjahr 1951 findet sie, die sich fortan Johanna Hofmann nennt, eine neue Anstellung: Ab 9. April ist sie im Rahmen des Notstandsprogramms infolge der vorangegangenen Berlin-Blockade als Kunsthistorikerin beim Bildarchiv der Berliner Landesbildstelle und beim Bildarchiv des Senators für Kreditwesen beschäftigt. Diese Tätigkeit übt sie bis etwa Ende 1953 aus. Im Zentrum ihrer Arbeit stehen dabei die wissenschaftliche Identifizierung und Bestimmung der reichhaltigen Bestände an Negativen aus unterschiedlichsten Gebieten der bildenden Kunst, die bis dahin weder katalogisiert noch registriert und dadurch so gut wie unbenutzbar gewesen waren.3 Im März 1952 stellt sie einen Antrag auf Entschädigung beim zuständigen Amt in Berlin. Da den Behörden ein »klar ersichtlicher« Grund für ihre Kündigung in Jena fehlt, holt Johanna Hofmann zu einem längeren Erklärungsschreiben aus.4 Etliche Beteiligte und Zeitzeugen sind inzwischen verstorben oder verschollen. Dennoch kann sie eine Reihe von Fürsprechern anführen, so den Kunsthistoriker und ehemaligen Kommilitonen Hans Junecke, der ebenfalls aus der DDR nach West-Berlin geflohen war, die Tochter ihres Amtsvorgängers Paul Weber in Jena, Käthe Weber, Marianne Steiniger und die nach New York emigrierte befreundete Weggefährtin und Ärztin Hannah Katz (geb. Labus). 1958 wird ihr schließlich eine Entschädigung wegen »Schadens im beruflichen Fortkommen« in Höhe von 9000 DM gewährt.5 Zu den – durch ihre Flucht aus der DDR verursachten – Verlusten zählen ihre Bibliothek und die in Rudolstadt zurückgelassene gemeinsame Kunstsammlung, zu der laut Johanna Hofmanns Aufstellung zwei Landschaftsgemälde von Gabriele Münter, vier der fünf erschienenen Bauhausmappen,
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