150 Kandinskys Mappe »Kleine Welten«, druckgrafische Einzelblätter von Hans Arp, Max Ernst und Kurt Schwitters, die Porzellanfiguren »Schreitende Löwin« von Gerhard Marcks und »Sitzende Bettlerin« von Ernst Barlach sowie rund 30 Keramiken von Otto Lindig zählten,6 die zum Teil auf den Fotografien der Rudolstädter Wohnung zu erkennen sind. Das Haus des Paares in Hainichen, das die beiden nicht verkauft hatten, wird in den langen Jahren der DDR geplündert und als Steinbruch für Baumaterialien ausgeschlachtet, erinnert Otto Hofmanns zweite Frau an einen Besuch nach dem Fall der Mauer. Nach notdürftigen Etappen in Berlin-Schlachtensee und in -Dahlem findet Johanna Hofmann 1954 eine Wohnung in einem Neubau in der Cauerstraße 30 a in Berlin-Charlottenburg. Dem befreundeten Wilhelm Wagenfeld berichtet sie 1955: »Seit einem Jahr habe ich wieder eine Wohnung, nachdem ich 1950 nur mit einem Handköfferchen herüber kam.«7 Und, wenige Wochen später: »Das geistige u. politische Klima ist hier wohl noch am gesündesten, u. wenn ich schon nicht mehr in Thüringen sein kann, dann möchte ich in Berlin bleiben.«8 In der Cauerstraße wird sie, unterbrochen von zahlreichen Reisen ins Ausland – so zu Hannah Labus nach Amerika sowie Aufenthalten bei Otto Hofmann im Tessin und an der ligurischen Küste – bis zum Ende ihres Lebens wohnen. Im selben Haus lebt auch ihr einstiger Kommilitone Hans Junecke, der zu einem ihrer engsten Freunde wird. Die Ehe zu Otto Hofmann hält indes nicht. Nach innerer Emigration, Kriegsdienst und seiner Flucht aus der DDR will sich Otto Hofmann nicht an Berlin binden; ihn zieht es nach Paris, Brüssel und wieder ins Tessin. Im April 1956 lassen sich Hanna und Otto Hofmann scheiden;9 1963 heiratet er erneut. Doch mit ihrem ›Lebensmenschen‹ und dessen zweiter Frau Marianne bleibt Johanna Hofmann bis zu seinem Tod im Juli 1996 in Freundschaft verbunden. Deutscher Werkbund Berlin Nach einer kurzen Probezeit ist Johanna Hofmann ab 1. April 1954 halbtags als Geschäftsführerin für den Deutschen Werkbund Berlin e. V. tätig. Aus der zunächst befristeten Tätigkeit wird schließlich eine 13-jährige Anstellung. Zudem übernimmt sie einen Lehrauftrag an der »Meisterschule für das Kunsthandwerk«, der von Semester zu Semester bewilligt werden muss. Hier hält sie u.a. eine Vorlesung über »Die Geschichte des Kunsthandwerks unter besonderer Berücksichtigung der soziologischen Verhältnisse«. Johanna Hofmanns Arbeit für den von dem Landschaftsarchitekten Walter Rossow geleiteten Berliner Werkbund, der 1949 von Heinrich Tessenow neugegründet worden war und 1955 60 Einzel- und vier Firmenmitglieder zählt,10 erfüllt sie mit Genugtuung. Als Geschäftsführerin kann sie wieder ihren Interessen nachgehen und in ihrem Berufsfeld arbeiten: Sie organisiert Ausstellungen, publiziert und hält Vorträge. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören erneut das Kunsthandwerk und Design der Gegenwart. Insbesondere die Vorbereitung von Ausstellungen bereitet ihr großes »Spassvergnügen«, »da ich doch nach der Zonenflucht erst ein bisschen auf Eis gelegen habe. Die Arbeit wird zunehmend initiativer [...]«, berichtet sie Wilhelm Wagenfeld im
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1