56 | THERESA WITTING | ULRIKE WEINHOLD Außereuropäische Konchylien im Grünen Gewölbe Prozesse der Aneignung in den Werkstätten deutscher Goldschmiede Ezliche Trinckgeschirr darunter von Perlenmutter zubefinden, so von denen Jubilirern höher, als das Silber, den Tax nach, zu achten1 Speziell im deutschen Sprachraum gab es eine große Nachfrage nach Konchylien aus dem Indischen und Pazifischen Ozean, welche ab 1500 im großen Stil nach Europa importiert wurden.2 Sie regten Goldschmiede zu innovativen künstlerischen Leistungen an und fanden in unterschiedlichster Form Eingang vor allem in fürstliche Sammlungen. Insbesondere die sächsischen Kurfürsten besaßen eine spezielle Vorliebe für diese zunächst noch sehr kostspieligen Naturalia, sodass gerade der Bestand des Grünen Gewölbes das ganze Spektrum der daraus gefertigten Kunstwerke gut vor Augen führen kann. Ihre Betrachtung gibt Aufschluss über die konkreten Formen der Rezeption der außereuropäischen Naturalien, die nicht nur in ihrer natürlichen, sondern auch in künstlerisch bearbeiteter Form auf dem Markt waren. Wie fanden diese aus europäischer Sicht fremdartigen Objekte Eingang in die tradierten künstlerischen Konzepte sowie das eigene Formenvokabular, und inwieweit erfolgte auch ein Technologietransfer? Darüber hinaus stellt sich die Frage, welche Rolle diese Objekte im Sammlungsgefüge der Kunstkammer spielten. Was sagt die Adaption außereuropäischer Naturalien und Kunstwerke über den Blick auf das »Fremde« aus? 1 HStADD, 10024 Geheimer Rat, Loc. 10000/4 Reise der fürstlich pommerschen Witwe [Sophia, Witwe Herzog Franz’ von PommernStettin] von Dresden nach Pommern, 1626 (Nachlass Erdmuthe von Pommern, 1626), fol. 5 r. 2 Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen leicht überarbeiteten Text, der im Katalog der Ausstellung Miroir du monde. Chefs-d’œuvre du Cabinet d’art de Dresde bereits in französischer Sprache publiziert wurde; Witting/Weinhold 2022/23, S. 96–107.
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