Leseprobe

58 | Theresa Witting | Ulrike Weinhold in einem Perlmutterkästchen mit Silbermontierung geliefert wurden.12 22 dieser aus Tigerporzellanschnecken geschnittenen Löffel haben sich erhalten (Abb. 1). Der Leipziger Meister Elias Geyer, von dem das Grüne Gewölbe eine große Anzahl an Goldschmiedearbeiten mit Turbanschnecken und Nautili besitzt, hat seine Werke wohl größtenteils über Veit Böttiger vertrieben, wie sich aus erhaltenen Rechnungen rekonstruieren lässt. Eine dieser Rechnungen von 1602 führt schließlich ein größeres Konvolut von Perlmutterarbeiten auf, das neben zwei Lavabos (Kat.-Nrn. 169, 170) ebenso ein Perlmutterspieltisch (Abb. 2),13 drei Kästchen (Abb. 3 und Abb. 2, S. 803) und fünf Trinkgeschirre (Kat.- Nrn. 102–105) umfasst.14 Der Augsburger Patrizier und Kunsthändler Philipp Hainhofer weist in seinem Bericht über seinen Besuch in der Dresdner Kunstkammer ausdrücklich auf diesen spektakulären Ankauf hin.15 Zuweilen kauften die sächsischen Kurfürsten allerdings auch bei anderen Händlern ein. So etwa bei dem in München und Nürnberg tätigen Goldschmied und Edelsteinschneider Joachim Geißler, der 1589 ein Lavabo mit Perlmutter lieferte.16 Künstlerische Rezeption Bereits im ersten, 1587 verfassten Inventar der Dresdner Kunstkammer widmet sich ein Kapitel den »meerschnecken, muscheln und andern seltzamen gewechsen und thieren«.17 Die Gruppe ist klein, umfasst aber ausgewählte Beispiele unterschiedlicher Konchylienarten, teils versehen mit heute nur schwer verständlichen Herkunftsangaben wie »vom hohen meer« oder aus »dem gesalzenen see bey dem meer«. Das Inventar von 1640 zeigt, dass sich dieser Bestand an Naturalia nicht nur deutlich vergrößert hat, sondern nun auch durch ein umfangreiches und vielgestaltiges Konvolut künstlerisch verarbeiteter und mit Montierungen aus Edelmetall versehener Konchylien erweitert wurde. Die größte Gruppe bilden hier die Nautiluspokale, bei denen die Gehäuse der Kopffüßer (Nautilus pompilius) mithilfe teils aufwendiger Goldschmiedefassungen zu prunkvollen Gefäßen verarbeitet wurden.18 Abb. 2 Perlmutterspieltisch Gujarat, spätes 16. Jh. mit europäischen Überarbeitungen Holz, Perlmutter, Silber, Elfenbein, H 81 cm, B 256 cm, T 94 cm SKD, Kunstgewerbemuseum, Inv.-Nr. 47716 12 Die eindeutige Identifizierung dieses Kästchens ist nicht mehr möglich. 13 Nagel/Syndram/Winzeler 2023, S. 66. 14 Weber 2012, S. 253 (mit Angaben zur Quelle). 15 Doering 1901, S. 171. 16 Dieses hat sich leider nicht erhalten. Vgl. Art. Joachim Geißler (Susanna Partsch), in: AKL, Bd. LI, 1994, S. 135; Art. Joachim Geißler, in: Nürnberger Künstlerlexikon 2007, Bd. I, S. 458. 17 Inventar Kunstkammer 1587, fol. 76 r – 77 r. 18 Syndram 1991, S. 63–67; Mette 1995 und auch Wagner 2023 (hier Schwerpunkt auf die Inszenierung des Nautilus im Museum des 20. und 21. Jahrhunderts als Metapher für die Kunstkammer). Sehr oft werden die im östlichen Indischen und westlichen Pazifischen Ozean beheimateten Nautili mit den zur Gattung der Meerschnecken gehörigen Turbanschnecken verwechselt, deren asymmetrisch gedrehtes Gehäuse wesentlich dicker und nicht in Kammern unterteilt ist. Einen guten Überblick gibt die von Marsely Kehoe betriebene, frei zugängliche digitale Datenbank, die insgesamt 366 gefasste und ungefasste Nautilusgehäuse auflistet (die Datenbank wird laut der Betreiberin kontinuierlich ergänzt): www.marselykehoe.org/nautilus/about (aufgerufen am 12. 1. 2023).

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