| 69 auszugehen, waren diese Gefäße doch dafür gedacht, Gästen den Begrüßungstrunk zu reichen. Am Dresdner Hof ist eine solche Funktion in einigen Fällen nachgewiesen (vgl. etwa Kat.-Nrn. 12, 13, 58, 85, 111). Derartige Goldschmiedearbeiten wurden nicht nur in der Schatzkammer, sondern auch in der Silberkammer verwahrt, was auf ihren multifunktionalen Charakter hindeutet (siehe etwa Kat.-Nrn. 96, 112). Es liegt nahe, dass deren spezielle Beschaffenheit hierbei eine entscheidende Rolle gespielt hat: Besonders kostbare und fragile Stücke dürften nicht oder nur in Ausnahmefällen als Trinkgeschirr zum Einsatz gekommen sein – nur so erklärt es sich, dass sie zumeist kaum Gebrauchsspuren aufweisen. Silbervergoldete Trink- und Scherzgefäße warteten im Gebrauch oft mit überraschenden Effekten auf, die den Trinker oder die Trinkerin vor unvorhergesehene Herausforderungen stellten.3 So war es bei Gefäßen in Gestalt von Vögeln mit beweglichen Flügeln sehr wahrscheinlich, dass diese dem Trinkenden ins Gesicht schlugen und so in geselliger Runde für Belustigung gesorgt haben dürften (siehe etwa Kat.-Nrn. 116, 125).4 Ganz andere Schwierigkeiten verbanden sich mit den Jungfrauenbechern, die bei Vermählungen zum Einsatz kamen (siehe Kat.-Nrn. 96, 97). Diese in der Form einer weiblichen Figur Abb. 1 Gruppe der Trinkgefäße in Gestalt von Straußen (Kat.-Nr. 114) 1 Tebbe 2007, S. 163. 2 Zit. nach Drach 1888, S. 18. 3 Siehe dazu Scherner 2011/12 und Scherner 2016. Die Erprobungen am Objekt wurden mit Ethanolwasser durchgeführt, siehe Scherner 2015. 4 Lessing 1888, S. 444.
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1