Biografien der Goldschmiede | 93 Vorbemerkungen Die Kurzbiografien der Goldschmiede, die in der Sammlung des Grünen Gewölbes mit Werken vertreten sind, verstehen sich als überblicksartige Zusammenfassungen der wichtigsten Informationen zu Leben und Werk der Meister. Als Grundlage dienten die einschlägige Literatur zur Goldschmiedekunst Augsburgs (Seling 2007, Schommers 1994), Hamburgs (Schliemann 1985) Leipzigs (Schröder 1929 und 1935) und Nürnbergs (NGK 2007) sowie das Standardwerk Marc Rosenbergs (R3) und natürlich alle greifbaren Publikationen bzw. Beiträge zu den Meistern weiterer kleinerer Städte. Für die zahlreichen Goldschmiede Dresdens fallen die Biografien umfangreicher aus, da dieses Thema, von der Publikation Walter Holzhausens (Holzhausen 1966) abgesehen, bislang noch nicht umfassend wissenschaftlich erforscht wurde und weiteres Quellenmaterial zur Verfügung stand. Zurückgegriffen werden konnte auf die im Archiv des Grünen Gewölbes (AGG) verwahrte Kartei zu biografischen Daten der Dresdner Goldschmiede bis 1800, erstellt von Johannes Gäbler 1982–1984. Das ebenfalls im AGG vorliegende und bislang unpublizierte Konvolut originaler Verzeichnisse der Dresdner Goldschmiedeinnung 1692–1895 (aufgeführt im Quellenverzeichnis: 01/GrG 02) hielt weitere wichtige Informationen bereit. Äußerst hilfreich war zudem der Austausch im Netzwerk der Freunde historischen Silbers, das sich seit 2014 anlässlich seiner jährlichen Tagungen unterschiedlichsten Aspekten der Goldschmiedeforschung widmet. Hans Jakob I Bachmann Erst intensive Markenforschungen ermöglichten in den späten 1990er Jahren die Zuschreibung der bei Rosenberg zunächst anonym geführten Hausmarke mit dem von einem Pfeil gekreuzten Doppelhaken an den Augsburger Goldschmied Hans Jakob I Bachmann.1 Im Jahr 1980 hatte Seling im Rahmen seiner Forschungen zur Augsburger Goldschmiedekunst eine erste Zuschreibung versucht. Aufgrund der Ähnlichkeit mit dem Wappen der Familie Mair wies er die Marke zunächst dem Goldschmied Melchior Mair zu.2 Das Bekanntwerden weiterer, erst nach dessen Tod zu datierender Stücke ließ allerdings bald Zweifel an dieser These aufkommen, da Mair keinen Nachkommen hatte, den man für diese in Anspruch nehmen könnte. Die Lösung der Fragestellung ergab sich schließlich durch den Fund einer 1665 datierten Quelle im Geheimen Hausarchiv München, die von einem Goldschmied namens Jakob Bachmann3 unterschrieben und mit einem der Hausmarke entsprechenden Siegel versehen wurde. Die in verschiedenen Varianten auf insgesamt 15 Werken überlieferte Hausmarke konnte somit schlüssig Jakob und seinem Vater Hans Jakob I Bachmann zugeschrieben werden. Um 1574 in Memmingen geboren, erwarb Hans Jakob I Bachmann nach seiner Lehr- und Gesellenzeit 1598/99 in Augsburg das Meisterrecht.4 Für ein gewisses Ansehen sprechen die wichtigen Positionen, die er innehatte: Von 1624 bis 1628 wirkte er als Geschaumeister, von 1633 bis 1635 als Vorgeher der Goldschmiedeinnung. Schon bald wurde der vielseitig begabte Meister mit der Fertigung bedeutender Arbeiten für die Wittelsbacher Herzöge betraut, die sich zum Teil in der Münchner Residenz erhalten haben.5 Doch er belieferte auch andere Fürstenhäuser: Als eines seiner Hauptwerke gelangte das Pendant des Dresdner Kentaurenautomaten in die Kunstkammer Kaiser Rudolfs II. (Abb. 1, S. 740), eine Figurenuhr (die sog. Tödlein-Uhr) befand sich einst in der Sammlung Erzherzog Ferdinands von Österreich in Schloss Ambras.6 Das erhaltene Œuvre dieses Meisters, das profane wie kirchliche Arbeiten umfasst und sich durch die plastische Qualität der figürlichen Treib- und Gussarbeiten auszeichnet, legt Zeugnis ab für dessen außergewöhnliche bildhauerische Fähigkeiten. Da diese seinem Sohn Jakob nicht in gleichem Maße beschieden waren, bilden sie denn auch das Instrument für die Händescheidung der zwischen 1641 (der Meisterprüfung des Sohnes Jakob) und 1651 (dem Tod des Vaters Hans Jakob I) entstandenen Werke.7 S Kat.-Nr. 159 1 Siehe dazu ausführlich Seling/Schommers/ Weinhold 1999, S. 243–245. 2 Seling 1980, Bd. III, S. 123, Nr. 1131. 3 Seling 2007, S. 276, Nr. 1506. 4 Ebd., S. 176 f., Nr. 1127. Für die detaillierte Biografie siehe Seling/Schommers/Weinhold 1999, S. 246 f. 5 Für die entsprechenden Quellen siehe Seling/ Schommers/Weinhold 1999, S. 246; dort auch alle Werke aufgeführt. 6 Wien, Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Inv.-Nr. KK 1067; ebd., S. 260–262, Nr. 8. 7 Zu Leben und Werk Jakob Bachmanns siehe ebd., S. 247–249, 262–271. Paulus Baier Der Nürnberger Silberarbeiter war ein Enkel des Silber- und Goldarbeiters Melchior Baier.1 Sein Vater Jobst war zunächst ebenfalls Goldschmied und übte später dann den Beruf eines Organisten aus. Paulus war auch Geselle beim Augsburger Meister Melchior Baier.2 Der genaue Verwandtschaftsgrad ist unbekannt. Paulus wurde 1613 Meister und starb nach dem 15. Dezember 1632 (Bestattung seiner Frau) und vor 1655, als er als verstorben bezeichnet wird. Seine Spezialität scheinen Traubenpokale gewesen zu sein, die sich in größerer Zahl erhalten haben und durch einen ähnlichen Aufbau gekennzeichnet sind. S Kat.-Nr. 5 1 NGK 2007, Bd. I.1, S. 29 f., Nr. 15. 2 Seling 2007, S. 123, Nr. 895. Caspar I Bauch Der Silberarbeiter Caspar I Bauch ist der Stammvater einer großen Goldschmiededynastie; er war bestens vernetzt.1 Drei seiner Söhne wurden ebenfalls Meister, drei Töchter ehelichten Goldschmiede (David Stechmesser, Hans Zeitler und → Urban Wolff). Seine Meisterprüfung absolvierte er 1540, im darauffolgenden Jahr erlangte er das Bürgerrecht in Nürnberg. Die Tatsache, dass er seine Gesellen gegen zusätzlichen Lohn auch außerhalb der Arbeitszeit beschäftigte, lässt auf eine Vielzahl von Aufträgen schließen. Trotz einer sehr langen Schaffenszeit von 43 Jahren – gestorben ist er 1583 – waren 2007 nur acht Arbeiten mit seiner Marke bekannt. Dabei handelt es sich ausnahmslos um Trinkgefäße unterschiedlichen Typs. Im Grünen Gewölbe hat sich von Caspar I Bauch neben einer Doppelscheuer ein Deckel erhalten, der später einer Doppelscheuerhälfte des Augsburger Goldschmieds → Hans Schebel zugeordnet wurde. Von seinem Sohn, → Meinrad I Bauch, besitzt das Grüne Gewölbe mehrere Werke. S Kat.-Nrn. 14 (Deckel), 15 1 Zu Leben und Werk Caspar I Bauchs siehe NGK 2007, Bd. I.1, S. 34 f., Nr. 25.
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