Biografien der Goldschmiede | 95 Lorenz II Biller Lorenz II Biller1 stammte aus einer der bedeutendsten Augsburger Goldschmiededynastien. Der Goldschmied erlangte seine Meisterwürde 1678, heiratete zweimal (1678 und 1690) und starb 1726. Er arbeitete zusammen mit seinen Brüdern Albrecht, → Johann Ludwig I und → Johannes am Berliner Silberbuffet2 und unter anderem für den Dresdner Hof an der Ausstattung der Paraderäume anlässlich der Hochzeit des Sohnes Augusts des Starken mit der Kaisertochter Maria Josepha 1719. Aus der umfangreichen Bestellung an Silbermöbeln ist hier der Kaminschirm, den er mit seinem Bruder Albrecht schuf, zu nennen.3 Die darauf befindliche Marke konnte Seling Lorenz II zuordnen, da dessen Vater Lorenz I bereits 1685 verstarb.4 Die beiden Eiskessel im Grünen Gewölbe entstanden in Kooperation mit seinem anderen Bruder, Johann Ludwig I Biller. S Kat.-Nr. 166 1 Seling 2007, S. 367 f., Nr. 1753; Schommers 1994, S. XII. 2 Keisch 1997. 3 SKD, Kunstgewerbemuseum, Inv.-Nr. 37534. Zu den Dresdner Silbermöbeln allgemein siehe Weinhold 2007/08, S. 154–159, 155, Abb. 152 (ein Gueridon von Johann Ludwig I Biller), und München 1994, S. 486 f., Nr. 137 (Gueridons). Die restlichen Teile der Ausstattung siehe ebd., S. 483–486, Nr. 136 (zwei Tische von Albrecht Biller), und S. 490–493, Nr. 140 (Kaminschirm von Albrecht und Lorenz II Biller). 4 Seling 1980, Bd. III, Nr. 1753 d. Egidius Blanke Die Marke mit den ligierten Buchstaben »EB« wird dem aus Wildenbruch bei Potsdam stammenden Egidius Blanke zugeschrieben, der 1581 in Stettin das Bürgerrecht erlangte, Hofgoldschmied der pommerschen Herzöge war und 1609 starb.1 Bis jetzt ist der Nautiluspokal im Grünen Gewölbe das einzige bekannte Werk mit diesem Meisterzeichen. Unter Vorbehalt wird darüber hinaus auch die Marke mit dem Buchstaben »B« mit Blanke in Zusammenhang gebracht. Sie findet sich auf drei Kelchen und den silbernen Beschlägen eines Waidbestecks in der Dresdner Rüstkammer.2 Letzteres weist ähnliche niellierte Ornamente auf wie die ebenfalls Blanke zugeschriebenen Schließen und Beschläge eines mehrteiligen Wehrgehänges im Nationalmuseum Stettin.3 Wahrscheinlich handelt es sich dabei um die »schwartz ihngelassen[en]« Silberobjekte, die der Goldschmied den Quellen folgend im Auftrag Herzog Barnims X. von Pommern angefertigt hat.4 Als Werk Egidius Blankes verzeichnet die ältere Literatur außerdem einen ungemarkten Kelch mit einer auf Herzog Johann Friedrich von Pommern-Stettin bezogenen Inschrift.5 Das Grüne Gewölbe bewahrt zudem eine Deckelschale mit Bergkristall, deren silbervergoldete Fassung ebenfalls bislang Egidius Blanke zugeschrieben wurde, da sie im Fuß das in Hinterglasmalerei ausgeführte Wappen der Herzogin Erdmuthe von Pommern und die (allerdings nur schwer lesbare) Jahreszahl 1583 aufweist (Kat.-Nr. 205). Ob Blanke diese prunkvolle Schale tatsächlich als Hofgoldschmied im Auftrag Johann Friedrichs von Pommern-Stettin ausgeführt hat, lässt sich weder durch Quellen noch durch den Vergleich mit seinen gesicherten Werken verifizieren. S Kat.-Nr. 31 1 Scheffler 1980, S. 420, Nr. 49; Bethe 1933, S. 5. 2 Scheffler 1980, S. 420, Nr. 49 a – d, Taf. I, Abb. 1; Waidbesteck: Inv.-Nrn. MNS/Rz/2222/1-8, 609/1-14; Stettin 2013, S. 226, Abb. 187; Majewski 2022, S. 149 (Abb.). 3 Majewski 2022, S. 142 f. (Abb.); Stettin 2013, S. 225–227, Nr. 18.7. 4 Ebd., S. 225. 5 Stettin 1933, S. 26 f., Nrn. 38 a (Kelch) und b (Patene) sowie Abb. 4. Martin Borisch Nur wenige Eckdaten aus dem Leben des Goldschmieds Martin Borisch sind bekannt.1 1583 in Dresden geboren, wurde er dort 1613 Meister und 1633 Innungsältester. Bis zu seinem Tod lebte er in der sächsischen Residenzstadt, wo er am 26. März 1649 im Alter von 65 Jahren verstarb.2 Wie zahlreiche Rechnungsaufstellungen belegen, war Borisch, der offensichtlich nicht als Hofgoldschmied bestallt war,3 zwischen 1620 und 1633 immer wieder für Kurfürstin Magdalena Sibylla, der Gemahlin Johann Georgs I., tätig. Diese Arbeiten umfassten Silbergeschirr und Schmuck sowie Silberbeschläge und -fassungen unterschiedlicher Art. Für den Kurfürsten selbst sind größere Geschenklieferungen anlässlich von Weihnachten und Neujahr 1628/29 überliefert.4 Die letzte Nennung in den Quellen datiert aus dem Jahr 1653, als Borischs Witwe Margarethe (seine dritte Ehefrau, die erst 1666 starb) vom kursächsischen Hof überfällige Zahlungen für bereits gelieferte Goldschmiedewerke ihres verstorbenen Mannes einforderte.5 Die von Rosenberg mit Martin Borisch in Zusammenhang gebrachte Marke mit dem ligierten Monogramm »MB« im Schild ist von einer ähnlichen Punze (mit schrägem Balken des »M« und anderem Umriss) zu unterscheiden, die Rosenberg dem ebenfalls in Dresden ansässigen Meister → Michael Botza zuordnet, dabei jedoch nur aus der Literatur übernommene Werke und Marken anführt.6 Botza war zwar etwas früher tätig (er wurde bereits 1592 Meister und ist bis 1635 nachweisbar), doch überschneidet sich die Schaffenszeit der beiden Goldschmiede zwischen 1613 und etwa 1635. Eine Quelle von 1629,7 welche die Fayencekanne (Kat.-Nr. 192) mit großer Wahrscheinlichkeit als eine Auftragsarbeit Martin Borischs ausweist, bestätigt die Markenzuordnungen Rosenbergs. Das von ihm gelistete Œuvre dieses Meisters umfasst neben der Kanne vier weitere Werke im Grünen Gewölbe: ein Trinkspiel in Gestalt eines Fasses (Kat.-Nr. 88), eine Elfenbeinkanne,8 eine Fußschale mit Großer Fechterschnecke (Kat.-Nr. 210) sowie einen Ziehbrunnen als Trinkgefäß, bei dem es sich aufgrund der unterschiedlichen Form des Meisterzeichens wohl um eine Arbeit Michael Botzas handelt (Kat.-Nr. 86). Im Nationalmuseum Kopenhagen hat sich darüber hinaus ein silbervergoldeter Becher aus Rehbockhorn erhalten, der ebenfalls die Marke Borischs aufweist.9 Ein Trinkgefäß in Gestalt eines Mörsers, ehemals in den Gothaer Kunstsammlungen, gehört zu den Kriegsverlusten.10 Borisch war auch in kirchlichem Auftrag tätig, wie eine Abendmahlskanne in der Stadtkirche von Werdau bei Zwickau belegt.11 Sein überliefertes Œuvre bezeugt eine große Bandbreite der Werke und originelle Formfindungen. Auffallend ist zudem ein Schwerpunkt auf Montierungen von Gefäßen aus besonderen Materialien wie exotischen Naturalien und Fayencen. Noch am 15. Februar 1662 – also 13 Jahre nach seinem Tod – hatte der Dresdner Hof bei Margarethe Borisch ein silbervergoldetes Kästchen erworben, das als Angebinde für die Kurprinzessin vorgesehen war.12 Dies legt die Vermutung nahe, dass die Witwe des Meisters die Werkstatt noch über einen längeren Zeitraum hinweg weiter betrieben hat. S Kat.-Nrn. 88, 192, 210 1 Art. Martin Borisch (Frauke Hinneburg), in: AKL, Bd. XIII, S. 61; siehe auch Fischer 2023, S. 45, Nr. DD-110. 2 Michaelis 1714, S. 304, Nr. 774. Hier ist auch das Geburtsjahr überliefert. 3 Eine Bestallung als Hofgoldschmied wäre in den Quellen höchstwahrscheinlich genannt worden. Nur in einer einzigen Archivalie wird er – vermutlich fälschlich – als Hofgoldschmied bezeichnet, siehe Anm. 5. 4 Witting 2020, S. 48; Weinhold/Witting 2020, S. 147, Anhang I, Tabelle 8. 5 HStADD, 10024 Geheimer Rat, Loc. 7342/2 Wochenauszüge 1648–1656, fol. 377 r [Luciae 1653]: »48 f. [Gulden] 13 g. [Groschen] Des gewesenen Hoffe Goldtschmiedts Martin Porischenns Wittiben vf fernern ablauff derer 111 [Gulden] 9 [Groschen] 9 [Pfennige] so dieselbe vor einzelln gelieferte Goldtschmiedtsarbeit zu fordern, unndt ist Ihrer Churf. Durchl. gnädigste Ahnordnung, das solche nach undt nach bezahlet werden solle, [...]«. Bei der Bezeichnung Borischs als Hofgoldschmied scheint es sich um ein Versehen zu handeln. 6 R3, Nrn. 1736–1738 (Michael Botza), Nr. 1749 (Martin Borisch). Zur Diskussion der Problematik siehe auch Kappel 2017, S. 178. 7 HStADD, 10024 Geheimer Rat, Loc. 7349/2 Belegezettel zu der Kurfürstin zu Sachsen Geldern Ausgaben, Ostern 1629 – Ostern 1630 (Ausgabebelege Kurfürstin Magdalena Sibylla 1629/30), fol. 60 r. 8 SKD, Grünes Gewölbe, Inv.-Nr. II 22, Kappel 2017, S. 175–179, Nr. II.2.
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