5 Wer außergewöhnlichen Museumsgenuss in Sachsen erleben will, muss nicht zwangsläufig in die großen Metropolen Dresden, Leipzig oder Chemnitz reisen. Ein wahres Juwel befindet sich im ländlichen Raum im Muldental: Wer das Waldenburger Naturalienkabinett betritt und seine Ausstellungsräume auf knarrenden Dielen durchschreitet, kommt aus dem Staunen nicht so leicht heraus. Stets fallen Begriffe und Wendungen wie »Zeitkapsel«, »museales Ufo« oder »Museum im Museum«, die den außergewöhnlichen Charakter des Hauses unterstreichen. Und tatsächlich ist hier ein seltenes Zusammenspiel von Objekten, Präsentation und Gebäude zu bestaunen, das es so kein zweites Mal mehr gibt: Eine große Fülle vielfältigster Exponate aus den Bereichen Wissenschaftsgeschichte, Naturkunde und Kunst werden in einer Darbietung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in einem weitgehend authentischen Interieur präsentiert. Und als wäre das nicht genug, ist diese Szenografie bis heute in genau dem Gebäude zu erleben, für die es 1845/46 eigens errichtet worden war. In der öffentlichen und fachlichen Wahrnehmung blieb das Naturalienkabinett lange Zeit »unter dem Radar«, nicht zuletzt, weil die Sammlung und ihre Präsentation nicht mit den Maßstäben heutiger Museumspraxis zu messen sind. Nicht selten war zu hören, dass angeblich der »rote Faden« fehlen würde. Doch was lange Zeit als sperriger Charakter oder gar als Mangel gedeutet wurde, ist in Wahrheit eine außerordentliche Qualität, die einen der letzten authentischen Orte zur Erkundung historischer Sammel-, Ausstellungs- und Museumspraxis auszeichnet. Erst in den letzten 15 Jahren ist es dank der unermüdlichen Anstrengungen zahlreicher Wegbegleiter des Waldenburger Museums gelungen, das nationale und internationale Interesse an diesem Haus zu wecken und energisch auf dessen Besonderheiten aufmerksam zu machen. Das Durchhalten hat sich ausgezahlt: Heute gilt uns das Waldenburger Naturalienkabinett als eine der letzten fürstlichen Gelehrtensammlungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die bewusst an das Phänomen neuzeitlicher Universalsammlungen anschloss. Und »last but not least« begründet das in erHISTORISCHES NATURALIENKABINETT Blick in die überlieferte Sammlungspräsentation im originalen Ausstellungsmobiliar von 1845/46
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1