Leseprobe

32 Lebensgröße hält das Kind fest an sich gedrückt, ihr rechter Arm liegt schützend um den kleinen Körper. Sie beugt sich weit zu ihrem Nachwuchs herab und betont dadurch die horizontale Ausrichtung des Bildformats. Ihr Blick ist jedoch direkt auf den Betrachtenden gerichtet. Nur der starke Kontrast zwischen der dunklen Kleidung der Mutter und der hellen des Kindes deutet den Verlauf der körperlichen Grenzen an. Der Hintergrund und die Umgebung sind kaum zu erkennen. Es fehlen die für Genredarstellungen typischen Details der Umgebung oder der Kleidung, die Rückschlüsse auf den sozialen Status, die familiären Verhältnisse oder die dargestellten Personen zulassen. Stattdessen konzentriert sich das Bild auf die zeitlose Mutter-KindBeziehung außerhalb von historischem oder räumlichem Kontext. Dieses auf das Wesentlichste reduzierte Motiv der Mutterschaft taucht in Hitz’ Werk seit Ende der 1880er-Jahre während ihrer Zeit in Paris immer wieder auf und wurde im Folgenden zum festen Teil ihres Schaffens. In Hitz’ Mutterdarstellungen, die sich sowohl in den reduzierten zweifigurigen MutterKind-Bildern als auch in ihren monumentalen Werken finden, lässt sich ihre Arbeit mit verschiedenen Stilrichtungen und die Suche nach einem eigenen, unverwechselbaren 2 Dora Hitz, Tendresse maternelle (auch: Mutter und Kind), um 1897, Privatsammlung Berlin

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