56 Auf der Rückseite des Gemäldes ist dieses mit »Fräulein Dora Hitz Lützowplatz 12«8 bezeichnet. Die linke Hand ist hier nicht halb verborgen, sondern schließt, beringt, mit dem Fächer, kompositorisch einen Kreis. Ein Spezifikum der Malerei von Dora Hitz tritt bei diesem Vergleich, der die verschmelzende Verbindung von Figur und Grund beziehungsweise der portraitierten Frauen und ihrem Umfeld hervorhebt, sogleich ins Auge.9 Im Gemälde von Spiro hingegen stellt die auf dem Stuhl abgelegte Stola mit einem grünen und orange-roten Blumenmuster und die ans Kleid gesteckte rote Blume mit grünen Blättern eine Verbindung her, die naturalistischer gemalt ist und die gegenständliche wie räumliche Situierung klar vor Augen führt. Das schwarze Kleid trennt diese Bildelemente voneinander und die porträtierte Malerin setzt sich in ihrer gesamten Gestalt farblich wie zeichnerisch klar umgrenzt von ihrer Umgebung ab. Der floral gemusterte Vorhang und die gräuliche Fläche dahinter weist Ähnlichkeiten mit dem Hintergrund des vermuteten Selbstbildnisses beziehungsweise der Sitzenden Dame in rotem Kleid von Dora Hitz (Abb. 4) auf. Ansatzweise können hier ein goldgerahmter Spiegel und ein roter Vorhang in einer homogenen Farbfläche in vertikal und horizontal gesetzten Pinselstrichen nur vermutet werden. Während sich der Vorhang bei Spiro in klaren Konturen von der grauen Fläche abhebt, führt die Strukturierung der Pinselstriche und der verschwommenen Farbverläufe bei Dora Hitz zu fließenden Übergängen, weshalb es sich hierbei weniger um einen Hintergrund als vielmehr um einen Grund handelt. Dies führt dazu, dass die weibliche Figur, anders als bei Spiro, nicht klar räumlich verortet werden kann. Stattdessen wird der ganze Raum flächig und farbig gestaltet, aus dem die weibliche Figur in ihrer Körperdrehung plastisch hervortritt. In beiden Frauenportraits von Dora Hitz kann ein Wechselspiel von Hervortreten und Distanznahme in der farblichen wie räumlichen Verschmelzung von Figur und Grund beobachtet werden (Abb. 1, 4). Dies ist auch in dem mutmaßlichen Portrait von Walther Rathenau zu erkennen (Kat. 15).10 Die Wand, die in verschiedene mittelbraune Felder unterteilt ist, erkennt man als Hintergrund. Doch auch dieser zeichnet sich durch eine farbliche Unterteilung als Fläche aus. Der Dargestellte sitzt frontal auf dem schräg gestellten Sessel und scheint sich mit dem Oberkörper zurückzulehnen, während das übergeschlagene Bein nach vorne in den Raum hinausragt. Sein schwarzer Schuh ist leicht angeschnitten, und man hat hier den Eindruck, dieser würde sogar den Bildraum durchbrechen. Diese Körperhaltung des Zurücklehnens und Nachvornetretens geht in diesem Gemälde auf den beigen Sessel zurück. Aufgrund seiner flächigen Seitenansicht markiert er im Mittelfeld eine Bildebene, von der aus sich der Oberkörper räumlich nach hinten und die Beine nach vorne erstrecken können. Innerhalb dieses flächig strukturierten Bildraums entsteht eine Bewegung in die flächige Tiefe und in die plastische Nähe. Der Papierstapel, auf dem die rechte Hand ruht, verschmilzt farblich mit dem Hintergrund des Sessels, genauso wie die
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