97 Obwohl das Querformat für eine Panoramadarstellung geeignet wäre, entwarf Dora Hitz hier keine weite Landschaft. Stattdessen zeigt sich ein im Blumenmeer versunkenes Mädchen aus nächster Nähe und ohne Distanz zu den Betrachtenden. Dadurch entsteht ein zeitloser, intimer Moment, der von einer differenzierten sowie einfühlsamen Beobachtung zwischen Mensch und Natur zeugt. Die weibliche Figur ist im Bild präsent, wirkt dabei jedoch nicht exponiert, sondern fügt sich harmonisch in die Szenerie ein. Diese Ausgeglichenheit wird zunächst durch das unwirkliche Größenverhältnis zwischen den beinahe lebensgroßen Blumen und der rothaarigen Figur erreicht. Die unterschiedlichen Farbtöne der Blüten, die sich in den Haaren, dem Haarreif sowie der erdfarbenen Kleidung des Mädchens wiederfinden, tragen ebenfalls zu jenem Gleichgewicht bei. Zusätzlich sorgt der Verzicht auf Konturlinien dafür, dass alles ineinander zu verschwimmen scheint. Zusammengenommen resultiert aus diesem Einklang die nahezu vollständige Auflösung von Figur und Grund. Das kaum zu erkennende Gesicht, die geschlossenen, nur schematisch gehaltenen Augen, das in sich versunkene Inhalieren des Blumendufts des Mädchens und nicht zuletzt das diffuse Dämmerlicht, das nur an wenigen Stellen sanft schimmert, tauchen das Motiv in eine besondere Atmosphäre. Eine zerbrechliche Stimmung der Vergänglichkeit, die durch die Symbolik der Mohnblume mit ihrer nur sehr kurzen Blütezeit verstärkt wird. Erik Holfert 2 Pavots (auch: Mädchen im Mohnfeld) 1891 · Öl auf Leinwand · 48×107,5 cm Museum der bildenden Künste Leipzig
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