Leseprobe

› 14 ‹ Abb. 5 Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff Bildnis des Pagen von Münsterberg 1733 · Leinwand Anhaltische Gemäldegalerie Dessau 6 Overhoff/Schmitt 2007, S. 59, 63–67. 7 Buzási 2003, S. 131f., 335, WV B. 259. 8 Ausst.-Kat. Berlin 1999, S. 167, Kat.-Nr. I.2 (Gerd Bartoschek). 9 Einen guten Überblick gibt immer noch Ausst.-Kat. Berlin 1966. moderner pädagogischer Ideen aus England6 eine frühe »Verbürgerlichung« des Kinderbildnisses feststellbar ist. Ádám Mányokis Porträt des Friedrich Heinrich Eugen von Anhalt-Dessau versucht sich in einer ungewöhnlichen Allegorisierung der höfischen Erziehung (Abb. 4).7 Während der Prinz hier begründet durch seinen Unterricht bei einem altertümlichen Philosophen selbst auch à l’antique gekleidet ist, dient die Kostümierung der adligen Kinder sonst oft den Spielen der Erwachsenen. Ein Page von Münsterberg tritt in einem Gemälde des Kavalierarchitekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff als galanter Schäfer auf (Abb. 5), Kostüm und Haltung folgen wohl einem Stich nach Antoine Watteau.8 Dass diese Spiele sehr ernst und ernst machend sein konnten, zeigt der drei- bis vierjährige Sohn des Soldatenkönigs von der Hand Antoine Pesnes ( 9). Der aus Paris stammende preußische Hofmaler Pesne ist Kronzeuge für die Vorbildfunktion der französischen Malerei des Spätbarock und Rokoko für das deutsche Adelsporträt dieser Zeit. Eine Präferenz, die zur bevorzugten Anstellung französischer und französisch geschulter Meister an den großen deutschen Höfen führte.9 Dass auch kleinere Fürsten, deren Hofmaler Paris nie zu sehen bekamen, Wert auf französische Eleganz legten, demonstriert das faszinierende Prinzenporträt Christoph Friedrich Reinhold Lisiewskis ( 10). Beinahe scheint dessen eigentlicher Zweck der Nachweis zu sein, dass man in Dessau nicht nur über wohlerzogene Prinzen, sondern ebenso über kostbare Möbelbezüge und Silberstickereien verfügte. (Auch wenn an der Wohlerzogenheit des Prinzen Albert später ernsthafte Zweifel aufkamen.) Einen interessanten Neuansatz signalisiert daneben ein weniger als zehn Jahre später entstandenes, bisher unpubliziertes Bildnis des Erbprinzen Friedrich von Anhalt-Dessau ( 12). In dem 1772 datierten Gemälde versucht der Berliner Maler Johann Heinrich Christian Franke mit Mitteln des traditionellen höfischen Porträts, die bereits von direkten Erfahrungen englischer Pädagogik geprägte Kindheitsvorstellung des Dessauer Hofes in ein Bildnis umzusetzen.

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