Leseprobe

› 72 ‹ Konsumbedürfnisse sich ebenso aus der Adelskultur bedienten wie sie in diese zurückwirkten – nicht von ungefähr ist mit Blick auf Denners Bildnisse von einer »Durchdringung der höfischen und der bürgerlichen Sphäre« gesprochen worden.5 Weil es diese auch in den vermeintlich bürgerlichen Niederlanden gab, Hamburgs damals wichtigstem Handelspartner, verfügt Denners vergleichbares, um 1738 in Amsterdam entstandenes Bildnis der drei Kinder des Kaufmanns Balthasar Nolthenius sogar über eine schwere, direkt dem barocken Standesporträt entnommene Draperie mit Kordeln vor einer Säule.6 Denners Auftraggeber ließ in seiner Autobiografie ebenfalls keinen Zweifel daran, wie eng sich Bürger wie er, die es sich finanziell leisten konnten, und »Graffen und Baronen« besonders an den Universitäten, auf Bildungsreisen und in literarischen Zirkeln vermengten.7 Brockes war wirtschaftlich unabhängig, sammelte Kunst, besaß ein Landhaus mit großem Garten vor der Stadt und wurde schließlich 1730 zum kaiserlichen Pfalzgrafen erhoben – eine Abgrenzung zur Adelskultur würde letztlich überraschen. 5 Ausst.-Kat. Hamburg 1969, S. 7 (Gehrhard Gerkens). Vgl. Leppien 2001, S. 180f. 6 Willem Hendrik, Cornelia und Catharina Hester Nolthenius, um 1738, Privatbesitz; siehe Niemeijer 1970, S. 207f., Abb. 9. 7 Siehe Brockes 2012, S. 7–15, 20–22 (Zitat S. 8). Abb. 1 Balthasar Denner Anna Maria, Erich Nicolaus und Catharina Margaretha Brockes um 1728 · Leinwand Hamburger Kunsthalle

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