Leseprobe

› 129 ‹ Abb. 2 Elisabeth Vigée-Le Brun Selbstbildnis mit der Tochter Julie 1789 · Leinwand Musée du Louvre, Paris Tischbein dürfte Werken Vigée-Le Bruns und vielleicht auch dieser selbst während seiner beiden Aufenthalte in Paris begegnet sein, doch kehrte er nach 1781 nicht mehr in die Stadt zurück, während Vigée-Le Bruns so erfolgreiche Mutter-und-Kind-Porträts, beginnend mit dem ersten Selbstbildnis mit der Tochter Julie, erst fünf Jahre später einsetzen.6 Dieses Selbstporträt, doch nicht das kompositorisch viel ähnlichere zweite aus dem Salon von 1789 wurde 1796 im Kupferstich unter dem Titel La tendresse maternelle reproduziert. Als Brustbildnis indessen, das drei Jahre später als La tendre mère betitelter Reproduktionsstich vorlag, hatte Tischbein schon 1780 die Frau seines Freundes und Kupferstechers Johann Gotthard Müller mit dem an sich gedrückten kleinen Sohn porträtiert (siehe 22, Abb. 1).7 Spätestens 1787 schuf Tischbein in den Niederlanden auch größere Auftragsbildnisse dieser Art, so das Kniestück der Cornelia van Brakel mit ihrer an sie geschmiegten, sich auf den Schoß der Mutter stützenden Tochter Jacoba Wilhelmina.8 Dass er diese Bildformel ab 1795 in Dessau (siehe 22) und anschließend in Leipzig perfektionierte, führte zu vergleichbaren, doch offenbar unabhängig von Vigée-Le Brun gefundenen Bildlösungen für aufgeschlossene, auf innige Eltern-Kind-Beziehungen und deren Verbildlichung Wert legende Besteller. Entsprechende Doppelporträts Vigée-Le Bruns dürfte Tischbein im Original erst 1806 nach seiner Ankunft in Sankt Petersburg gesehen haben. • GW 6 Musée du Louvre, Paris, Inv.- Nr. 3069; siehe Ausst.-Kat. Paris 2015, S. 202f., Kat.-Nr. 77, Abb. (Guillaume Faroult). 7 Siehe Rümelin 2000, S. 45–47, 208, Kat.-Nr. 17, Taf. 7; BörschSupan 2010a, S. 16f., Abb. 6. Das Gemälde ist nicht überliefert. 8 Privatbesitz; siehe Lelyveld 1987, S. 51, Kat.-Nr. 14, Abb.

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