› 13 ‹ Kinderbildnisses im 17. Jahrhundert. Nachdem in der noch jungen Bildgattung des Porträts die Darstellungen von Kindern nur sehr selten zu beobachten waren, ist es im 16. Jahrhundert vor allem die Familie der Habsburger, welche ihre Kinder in größerer »Vollständigkeit« ins Bild setzen lässt.5 Eine visuelle Repräsentationsstrategie, die bald von den anderen deutschen Fürstenhäusern imitiert wird. Hier lässt sich das schon früher ausformulierte Interpretationsmuster anwenden, dass »traditionelle« Kinderbildnisse vor allem als Ausweis des familiären Fortbestands und dem Anknüpfen neuer dynastischer Verbindungen dienen sollten. Gut erfassbar und buchstäblich ruhig gestellt, werden die Kinder ganz unterschiedlichen Alters in auffällig kostbaren Kleidungsstücken präsentiert, die selbst in den fürstlichen Kinderstuben wohl nicht zwangsläufig zur täglichen Garderobe zählten. Spielzeuge wie Rasseln und Beißzähne kommen wie kostbare Schatzobjekte daher (vgl. 2, 4). Der in Köln tätige niederländische Maler Geldorp Gortzius zeigt ein dreijähriges Mädchen mit aufwendig gesteiftem Spitzenkragen, welches den Betrachtern seinen Taufpfennig demonstrativ vor Augen hält (Abb. 3). Dass in diesem uns heute so starr erscheinenden Bildschema dennoch die künstlerische Ergründung des kindlichen Wesens ihren Spielraum behaupten kann, wird an einem außerordentlichen Werk eines flämischen Malers für eine deutsch-niederländische Dynastie gezeigt: das Bildnis Wilhelms II. von Oranien-Nassau des Anthonis van Dyck ( 5) demonstriert, wie dieser Meister seine Eleganz und Ungezwungenheit ausstrahlende Porträtauffassung auch im Bereich des Kinderbildnisses zur Anwendung brachte und damit einen Anknüpfungspunkt für die Porträtkultur des späten 18. Jahrhunderts nicht nur in England, sondern auch in Deutschland schuf. Seinen zweiten Auftritt in der Ausstellung erhält der kleine Oranierprinz in einem Gruppenbild von Gerrit van Honthorst. Es zeigt, wie das bürgerlich konnotierte holländische Familienbildnis mit seinen lebhaften, im Spiel festgehaltenen Kindern seinen Widerhall in dynastischen Kinderporträts fand und dadurch auch nach Mitteleuropa wirkte ( 6). 5 Ausst.-Kat. Innsbruck 2007, hier besonders Schütz 2007. Abb. 4 Ádám Mányoki Prinz Friedrich Heinrich Eugen von Anhalt-Dessau mit einem alten Mann (Allegorie der Erziehung) um 1714 · Leinwand Anhaltische Gemäldegalerie Dessau Die zweite Sektion mit dem Titel Das höfische Kind 1670–1770 erzählt, wie in elegant-kultivierten Adelsporträts potenzielle Herrschertugenden und die Effekte einer erfolgreichen höfischen Erziehung visualisiert werden. Anhand eines Hamburger Beispiels von Balthasar Denner ( 8) erhebt sich die Frage, ob das großbürgerliche das adlige Bildnis imitiert und wieweit es vorstellbar ist, dass hier in der Freien und Hansestadt zeitparallel zum nachgewiesenen frühen Eindringen
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1