Leseprobe

Aufbau, Material und Grenzen 11 I stützt durch Ryszard Kaczmarek, führt uns wiederum nach Oberschlesien, in die heiße Phase des deutsch-polnischen Propagandakampfes während des Plebiszits. Er gibt uns Einblick in die Vielfalt der visuellen Medien, die damals eingesetzt wurden. Im Fokus stehen zwei illustrierte Zeitschriften, in denen Karikaturen eine besondere Rolle spielen, hinzu kommen Flugblätter und Propagandaplakate. Das Kapitel trägt der Tatsache Rechnung, dass sich nach dem Ende des »goldenen Zeitalters der Postkarten« mediale Schwerpunkte verschoben.28 Bilden die beiden Regionen den Ausgangspunkt der Betrachtungen in den Kapiteln,29 scheinen doch deutlich transregionale Aspekte auf. Produzierte Bilder wandern von Galizien nach Oberschlesien, das Thema der Migration bewegt, und Genres und Ausdrucksformen sind nur transregional zu begreifen. Im abschließenden Fazit laden wir ein, über den Mehrwert einer visuellen Geschichte von Deutschen, Pol:innen und Jüdinnen:Juden nachzudenken und weitere Forschungsfragen zu diesem bisher weniger untersuchten Thema zu entwickeln. Forschungen zur Visualität können neue Diskussionsfelder über die polnisch-deutsch-jüdischen Beziehungen eröffnen. Unser Projekt basiert auf mehreren Sammlungen, die in privaten Archiven und auch öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden. Da immer mehr Sammlungen in den letzten Jahren digitalisiert wurden, konnten wir bei der Durchführung des Projekts auch diese Bestände nutzen, die vielfältiges Material zum Analysieren, Vergleichen und Interpretieren bieten. Zu ihnen gehören die Śląska Biblioteka Cyfrowa (Schlesische Digitale Bibliothek), Biblioteka Cyfrowa Polona (Digitale Bibliothek Polona), Centralna Baza Judaików (Zentrale Datenbank der Judaika), Zbiory Federacji Polskich Bibliotek Cyfrowych (Bestände der Polnischen Digitalen Bibliotheken) sowie das Bildarchiv des Herder-Instituts, Blavatnik Archive und United States Holocaust Memorial Museum (Kat-Ehrenthal Collection). Detaillierte Untersuchungen wurden ebenso in den Stadtmuseen von Mysłowice, Gliwice, Sosnowiec und Warschau sowie in Privatsammlungen durchgeführt. Die ikonografischen Abfragen wurden durch die Arbeit mit Quellen aus polnischen und deutschen Bibliotheken ergänzt. Gezeigte Grenzen entstand über manche Grenzen hinweg, an anderen blieb es stehen. So konnte sich immer wieder ein intensiver Dialog zwischen der Kunstgeschichte, vertreten im Projektteam durch Małgorzata Stolarska-Fronia, und der Geschichtswissenschaft unterschiedlicher methodischer Prägung, vertreten durch Maren Röger, damals beide am Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO), Ryszard Kaczmarek und Marcin Wieloch, beide an der Universität Katowice, entwickeln. Die hier untersuchten Gebrauchsmedien waren bislang kaum im Fokus der Kunstgeschichte, während Historiker:innen diese Bildquellen zwar nutzten, aber deren Spezifik mitunter dennoch übergingen. Den je anderen Blick haben wir in diesem Projekt aber nicht abgelegt, was sich in den Kapiteln widerspiegelt, die unterschiedlich kontextualisieren und einordnen. Auch kommen in Projektteams wie dem unseren verschiedene Erwartungshorizonte, Erfahrungswerte und Einstellungen zusammen, was etwa Überarbeitungen oder Überschriften betrifft und was in der Projektlaufzeit nicht homogenisiert werden konnte. Denn Grenzen setzte auch der Projektrahmen. Unsere Förderung der Deutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung, über die wir uns sehr freuen, sah eine zweijährige Bearbeitungszeit vor. Unsere Entscheidungen für die Streifzüge in die Regionen Oberschlesien und Galizien mussten also auf vorhandenen Expertisen aufbauen. Unsere Projektpartner in Katowice waren Ryszard Kaczmarek und der bei ihm promovierende und über das Projekt finanzierte Marcin Wieloch, der den Text zu Oberschlesien in diesem Band inhaltlich verantwortet. Das Material in diesem und im letzten Teil des Buchs basiert auf den Sammlungen der Schlesischen Digitalen Bibliothek, deren Direktor Remigiusz Lis ist und der zu unserem Netzwerk gehörte. Die Bearbeiterin in der Postdoc-Position, Małgorzata Stolarska-Fronia, konnte die Zeit aufgrund eines für sie wichtigen Folgeangebots nicht voll ausschöpfen, so dass wir 9 × 14 Zentimeter untersuchten, und das in ihrem Fall wahrscheinlich auf 18 × 12 (Monate mal täglichen Arbeitsstunden). Entsprechend gilt ihr der größte Dank. Unterstützt hat uns mit so vielen klugen Kommentaren und umfangreichen Recherchen Vincent Hoyer zu den Kapiteln 2 und 3, den wir deshalb ebenso unter Mitarbeit führen wie die Katowicer Kollegen, die Kapitel 4 beisteuerten. Weiter geholfen haben mit der Übersetzung des 2. und 4. Kapitels Anne Mühlich, bei Recherchen, Korrekturen und Formalia Wanja Bode, Antonia Zerbe und Leopold L. Herter. Die Gesamtredaktion übernahmen Dorothee Riese und Moritz Venohr, für deren Einsatz auch mehrere Sätze des Dankes nicht ausreichen würden.

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