23 41 Vgl. Dresdner Neueste Nachrichten, 12.4.1929, S. 4 sowie auch Dresdner Anzeiger, 11.4.1929, S. 3; neben dem Ausbildungsbetrieb war die Schule auch Tagungsort, vgl. Sächsischer Gemeindebund (1930). 42 Vgl. auch Sächsisches Arbeits- und Wohlfahrtsministerium (1929), S. 250–258; sowie StA Dresden 8.13/145/01, Schreiben der Landeswohlfahrtsstiftung vom 29. 9. 1934. 43 Vgl. etwa SächsStA 10736/19025, Bl.178a sowie 10736/19026, Bl. 310 –326, 342. 44 Vgl. dazu auch Biener (2017). 45 Stölten (1937), S. 9. 46 Vgl. ebd., S. 8. 47 Vgl. ebd., S.10 –24, 114–122. Das betraf auch die Verbindungen zu den Dresdner Kunstsammlungen und zu einem der Stadt attestierten Kunstsinn. 48 Vgl. StA Dresden 9.1.36/6, Bl. 89–90. abgeordnete für die Stärkung der Rolle von Frauen verdient gemacht hatte, schien die Leitung fast ideal besetzt. Wenngleich der Ort aus praktischen Erwägungen und finanziellen Gründen gewählt wurde, rekurrierte man gleichwohl auf die Topoi Kunst und Natur, die schon so oft einen Anknüpfungspunkt für Hellerau dargestellt hatten.41 Bedingt durch die Trägerschaft des Wohlfahrtsschulverbandes durch das Arbeits- und Wohlfahrtsministeriums sowie die Bezirksverbände der Amtshauptmannschaften hatte die Schule die mit Abstand besten Voraussetzungen für eine dauerhafte Präsenz in Hellerau, da ihre Finanzierung damit gesichert war – im Gegensatz zu all den nahezu ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen finanzierten Schulen. Auch die steigenden quantitativen und qualitativen Anforderungen an die Wohlfahrtspflege hätten eine Verstetigung begünstigt. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten und deren erziehungspolitische Abkehr von einer emanzipierten, von liberalem Geist getragenen Frauenbildung überlebte die Einrichtung indes nicht und wurde nach nur vier Jahren 1933 geschlossen; die Räume wurden fortan an die Menzler-Marsmann-Schule vermietet.42 Die Schließung der Wohlfahrtsschule, als einer eher dem linksliberalen Spektrum zuzurechnenden Institution, schien nicht nur zwingend in Bezug auf die ideologisch motivierte Einstellung von mit dem Nationalsozialismus konkurrierenden Institutionen, sondern auch wegen zahlreicher Vorbehalte aus der örtlichen Bevölkerung, die das Institut als zum Geist der Gartenstadt unpassend wahrnahm. Die Leiterin der Wohlfahrtsschule Else Ulich-Beil, unter anderem Vorsitzende des dem Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF) nachfolgenden Staatsbürgerinnen-Verbandes, steht dabei exemplarisch nicht nur für die Gruppe derjenigen, denen mit dem Vorwurf der Opposition zum NS-Staat die Möglichkeiten der Berufsausübung verwehrt wurden. Durch das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums und seine oft großzügige Auslegung wurden insbesondere Frauen aus dem Erwerbsleben gedrängt, um die freiwerdenden Stellen an männliche Kandidaten zu vergeben. Häufig ging damit aber auch ein Verlust von Pensionsansprüchen einher. Für Ulich-Beil sollte sich in dieser Frage ihre DDP-Mitgliedschaft zusätzlich negativ auswirken, was eine längere Auseinandersetzung um eine mögliche Pension sowie ein Berufsverbot nach sich zog.43 Durch den Verkauf des bislang verpachteten großen Pensionshauses von Carl Sattler an die Mathilde-Zimmer-Stiftungen versuchte die Bildungsanstalt, ihre Schulden teilweise zu tilgen. Das Töchterheim im sogenannten Rietschel-Schillinghaus bestand von 1925 bis zur Requirierung durch das Polizeiausbildungsbataillon 1942. Als christliches Mädchenpensionat und Heimerziehungsanstalt war es der Ausbildung einer künftigen Generation fürsorglicher Frauen und Mütter verpflichtet und bildete eine Möglichkeit für christlich-konfessionelle, ledige Frauen, sich weiterzuqualifizieren.44 Im Schatten eines bürgerlich-religiösen und traditionell-fürsorglichen Frauenbildes konnte die Institution auch nach 1933 ungestört in Hellerau fortbestehen. Heimfrauenschulen sollten eine »familienähnliche warmherzig-fröhliche und geschlossene Erziehung der Gemeinschaft mit der sorgfältigen Ausbildung der Schule verbinden und so die Möglichkeit einer wirklichen Lebensschulung bieten«.45 Die Stiftung sah sich im Jahr 1937 durchaus als Vorreiterin bei der Erziehung junger Frauen zu Gattinnen, Müttern und Pflegerinnen nach den Maßstäben der sogenannten Volksgemeinschaft: »In einer immer wieder Erstaunen weckenden Weise ist die Arbeit der Stiftung Wegbereiter geworden für die neuen Wege der Frauenbildung, die der Nationalsozialismus aus seinem organischen Verstehen von der Tat und Aufgabe der deutschen Frau heute geht«.46 Die Vorbereitung auf die Mehrfachbelastung der Frau w urde jedoch nicht als Makel, sondern als Chance wahrgenommen, der man mit einem Fokus auf das Praktische und Familiäre begegnen wollte (Abb. 3). Großen Wert legte man in Hellerau auf die gymnastische Ausbildung der jungen Frauen und betonte diesen Aspekt auch im Schulführer, wobei die Heimfrauenschule gerne auf die bewegungspädagogischen Traditionen des Ortes verwies.47 Eine größere Chance für die Anstalt und das Festspielhaus hätte im Jahr 1924 in dem Ansinnen des Volksbildungsministeriums bestanden, das Gelände für die Ansiedelung der Landesschule zu kaufen. Diese zerschlug sich jedoch aufgrund von Verzögerungen staatlicherseits und der zunehmenden Favorisierung eines Neubaus, wenngleich die Bildungsanstalt in Erwartung eines Verkaufs den bisherigen Pächtern bereits gekündigt hatte und sich die finanziellen Schwierigkeiten dadurch noch verschärften.48
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