Leseprobe

57 153 Vgl. Nr. 163, zit. Nach Münzel (2013), S. 225; siehe auch ebd., Nr. 170, S. 234, Nr. 174, S. 240, Nr. 178, S. 243. 154 In beiden Ländern wurden fast zeitgleich Landespolizeischulen gegründet, 1922 in Meißen, 1925 in Jena, vgl. Nr. 42 Beschluss zur Schaffung der Höheren Polizeischule Jena (19.1.1925), zit. nach ebd., S. 85; siehe auch Nr. 43–52, ebd., S. 86–95. Eine Zusammenarbeit bestand auch mit der Preußischen Polizeischule in Potsdam-Eiche (Nr. 55). Wenigstens für den Überblick zu Sachsen nützlich: Unger (2005), S. 60–81. Vgl. auch Knatz (2000). Die sächsische Polizei unterhielt mit der Landespolizeihochschule bis dahin auch Kooperationen, vgl. etwa einen Aufsatz in der regelmäßigen Kolumne des Dozenten Koch (1929), S. 97 f. 155 Dazu ferner Unger (2005), S.188–204. 156 Auch wenn Mitgliedschaften von Polizeibeamten in der NSDAP vor 1933 eher selten waren, was Unger zumindest andeutet, ebd., S. 298–309f. Misstrauen oder gar offene Ablehnung der Polizeibeamtenschaft scheinen nach dem gegenwärtigen Stand der Quellen zur Ausnahme gehört zuhaben. 157 Unter der Rechtfertigung, dass die Schutzpolizei des Landes die öffentliche Ordnung im Angesicht eines drohenden Putsches von Links allein nicht aufrechterhalten könne, wurden diese mit einer Hilfspolizei, mit eindeutiger politischer Absicht, ergänzt, u.a. aus Angehörigen von SA; damit konnte die Polizei aktiv auf die NSDAP ausgerichtet werden. 158 Vgl. Wagner (2004), S.126 –135. Vgl. auch in seinem Vorwort zur neu etablierten Zeitschrift der sächsischen Polizei: Killinger (1933), S.1: »Auch die Polizeibeamtenschaft [...] schloß sich in erfreulicher Bereitwilligkeit zur Mitarbeit dieser Einigungsbewegung an.« Die Zusammenarbeit mit der Hilfspolizei bestand oftmals auch nach deren offizieller reichsweiter Auflösung fort, vgl. Jung (2000), S. 92f. 159 Vgl. Friedrich W. (2012). Zu den durch den Versailler Vertrag erlaubten Polizeikräften steuerte Sachsen etwa 10 000 Polizisten bei. 160 Zur Abgabe der Polizei an die Wehrmacht 1935, vgl. BArch R 19/395, Bl. 68, sowie im Jahr 1938 vgl. BArch R 19/374, Bl. 6–10. Die ORPO stellte auch Personal für Arbeitserziehungslager, Birn (1986), S. 318– 322; eine »Waffenbrüderschaft mit den Wehrverbänden« wurde bereits 1933 für Sachsen propagiert und für quasinatürlich befunden: »Wir dürfen wieder soldatisch fühlen [...].«, vgl. Thierig (1933), S. 3. 161 Deppisch (2017), S. 72. Im Objektschutz wurden die Polizeitruppen etwa zur Bewachung wehrwirtschaftlicher Betriebe eingesetzt, so beispielsweise zur Sicherung rumänischer Ölfelder, wenngleich Unternehmen diese und die Verwaltung ihrer Zwangsarbeiterinnen oft in Eigenregie durchführten. Für einen Überblick galt lange Zeit als ein Standartwerk (das hier nur noch in Ausnahmefällen angeführt werden soll): Tessin (1957); Tessin (2000), S. 540 f. Zentralisierung und Gleichschaltung der Polizeibehörden der Länder (und der Auflösung der Landespolizeien) als Vorbild. 1936 gingen die Kompetenzen für den Polizeiapparat auf Heinrich Himmler über.153 Militarisierungstendenzen der Polizei bestanden ab den 1920er Jahren in zunehmendem Maße. Ein Grund dafür ist nicht nur in den stark durch den Ersten Weltkrieg gekennzeichneten Herkunftsmilieus der Polizeiangehörigen zu sehen, sondern insbesondere auch in den Märzereignissen 1921 und den Erhebungen in Sachsen und Thüringen zwischen 1921 und 1923. Diese wurden zum Anlass für eine Reichsexekution mit militärischem Gestus genommen und etablierten die Dominanz des preußischen Verständnisses von Polizeiarbeit.154 In der Ausbildung nahmen das Üben mit der Waffe und das Exerzieren den beträchtlichen Teil des Unterrichts ein, ebenso der Sport. Bei den allgemeinbildenden Fächern nutzte man oft externes Personal.155 Ab dem Ende der 1920er Jahre musste sich die Polizei in Sachsen zunehmend mit dem auf der Straße ausgetragenen Kampf zwischen rechtem und linkem politischen Spektrum auseinandersetzen. Auch in der Polizei lassen sich, ähnlich wie in Thüringen, Sympathien für die Politik der NSDAP finden, sah man doch in den politisch links stehenden Kräften einen gemeinsamen Gegner.156 Eine deutlich republikanische Gesinnung lässt sich, wenn es sie überhaupt in Ansätzen und mit regionalen Unterschieden jemals gegeben hat, ab dem Ende der 1920er Jahre in der Polizei nicht mehr finden. Die Gleichschaltung der Polizei in Sachsen 1933 verlief rasch, was für diese Institution den Begriff ›Machtübergabe‹ sicherlich rechtfertigt: Manfred von Killinger konnte das polizeiliche Gewaltmonopol schnell zentralisieren.157 Mit der Reichsexekution im März 1933 und der Kaltstellung der Regierung Schieck machte sich auch die Mehrheit der sächsischen Polizeibeamtenschaft zu Erfüllungsgehilfen der NSDAP.158 In Sachsen wurde nach dem Ersten Weltkrieg eine Hilfspolizei geschaffen, die sich 1920 zunächst als Landessicherheitspolizei und nach der zwischenzeitlichen Auflösung als Landespolizei formiert hatte. Aus drei Gruppen bestehend war sie in Leipzig, Dresden und Chemnitz stationiert und wurde auf dem Truppenübungsplatz Königsbrück, in der Nähe von Dresden, geschult. Bevor das Sächsische Innenministerium 1928 die Kontrolle über die aus dem Revier- und dem Bereitschaftsdienst verschmolzene Schutzpolizei übernahm, war für die Landespolizei die Staatspolizeiverwaltung zuständig. Während der Reichsexekution 1923 wurde die Landespolizei dem Befehl der Reichswehr unterstellt. Per Erlass des Reichsverteidigungsministers 1934 wurde die Bereitschaftspolizei zu einer Landespolizeibrigade umfunktioniert, für die dem Land ab 1935 die Zuständigkeit entzogen wurde.159 DIE ORDNUNGSPOLIZEI Im Jahr 1933 wurde auch die Militarisierung der Polizei, ihre ›Arisierung‹ und Befreiung von ›republikanischen Elementen‹ vorangetrieben. Mit der Zentralisierung der polizeilichen Dienste und auch der Polizeiausbildung der Länder ab 1935/36 musste Heinrich Himmlers neu geschaffene Ordnungspolizei zunächst einige Tausend Beamte an die Wehrmacht abgeben, die fortan den eigentlichen Kern des Heeres bildeten, was den engen Bezug zwischen Militär und Polizei im »Dritten Reich« hervorhebt.160 Vornehmlich für den militärischen Einsatz entstanden mehrere einhundert Mann starke Polizeibataillone zur Durchsetzung der nationalsozialistischen Herrschaftsordnung. Klassische Aufgaben des Katastrophen- und Zivilschutzes machten fortan einen immer kleineren Teil zu Gunsten der neuen Aufgaben der Ordnungspolizei aus. »So war sie etwa seit dem Überfall auf Polen dafür verantwortlich, wichtige Gebäude und Objekte, aber auch Bahnanlagen und Brücken zu bewachen, Pass- und Verkehrskontrollen durchzuführen, Razzien und Festnahmen im großen Stil vorzunehmen, besondere Personen und öffentliche Veranstaltungen zu schützen sowie Nachschubwege zu sichern«, aber auch, die Rückführung und Überwachung von Demontagen im Moment des Rückzuges zu organisieren.161 Weiterhin war die ORPO damit beauftragt, die sogenannten Volksdeutschen in die Polizei zu integrieren, um einerseits missliebige Gruppen zu verfolgen und andererseits für

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