Leseprobe

59 171 Vgl. z.B. Meyer A. (2005). 172 Vgl. dazu etwa BArch NS 31/152. Die Relevanz der weltanschaulichen Schulungen für die Indoktrinierung der ›Polizeisoldaten‹ und die Ausübung von Gewalt ist noch immer Gegenstand der Forschung, vgl. Harten (2018), S. 17–26. 173 Hier wie auch bei der Leitung der weltanschaulichen Schulung wird die Verquickung von ORPO und SS deutlich, die 1939 von Joachim Caesar und ab 1942 von Adolf von Bomhard besetzt wurde, welche gleichzeitig die Verantwortung für die Schulungen im SS-Hauptamt inne hatten, vgl. Dierl (2013); Neufeldt (1957), S, 87–89. 174 Vgl. Dierl (2011), S. 32 f. Zum Selbstbild von Polizei und SS, die Seite an Seite kämpfen sollten, vgl. Das Schwarze Korps, Nr. 1 (1940), S. 10. 175 Vgl. auch Harten (2014) sowie Deppisch (2017), S. 37. 176 Zur Auseinandersetzung zwischen SA und SS vgl. Hein (2012), S. 54; zum elitären Anspruch vgl. S. 94–101. Mit der Kriminalpolizei, die im Sinne des Nationalsozialismus umgestaltet wurde, arbeitete die Gestapo gegen die politischen Feinde des NS-Staates. Mit der Schaffung des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA), in dem die Tätigkeiten von Sicherheitsdienst, Sicherheitspolizei und Gestapo vereint waren, verlieh Heydrich der politischen Polizei ein noch schärferes ›rassen‹- und bevölkerungspolitisches Profil. Als das RSHA 1939 gegründet wurde, entstand so ein Instrument zur Unterdrückung und Verfolgung jeglicher Regimegegnerschaft, von der konfessionellen bis zur kommunistischen. Mit Kriegsbeginn und erst recht mit dem Überfall auf die Sowjetunion wurde der Kampf gegen die vermeintliche Gefahr des Bolschewismus in den besetzten Gebieten neben der Vernichtung der Juden das Hauptbetätigungsfeld des RSHA, das auch an der sogenannten »Endlösung der Judenfrage« unter der Verantwortung Adolf Eichmanns beteiligt war.171 Im Hauptamt Ordnungspolizei waren Daluege zunächst drei Inspekteure beigestellt; das Amt wurde stetig erweitert, die Kompetenzen für die Polizeischulen hatte das im Kommandoamt enthaltene Ausbildungsamt. Dieses war mit der Erstellung der entsprechenden Lehrvorschriften und Leitfäden befasst und hatte den Unterricht der weltanschaulichen Schulungen zu organisieren, die aus den Rekruten und Anwärtern, so hoffte man, mustergültige Nationalsozialisten machen sollten.172 Mit der Zeit entstand ein vielfältiges Kompetenzgeflecht zwischen den Unterämtern, innerhalb derer die Generalinspekteure die Kontrollfunktion für die Schulen ausübten, ab 1940 der »Generalinspekteur der Schutzpolizei des Reiches«; dieser hatte die Aufsicht über die Polizeilehrbataillone (PLB), die Unterführer- und Offiziersschulen.173 Einen ersten Einsatz als Vorgeschmack auf die Rolle im Krieg hatte die ORPO 1938 beim Anschluss Österreichs. Was einerseits eine öffentlich wirksame Machtdemonstration Hitlerdeutschlands darstellte, war zugleich auch ein Testlauf für den Kriegsfall. Auch bei der Annexion der Tschechoslowakei im Jahr darauf konnte dieser noch einmal geübt werden. DAS VERHÄLTNIS VON POLIZEI UND SS Schon vor der Einsetzung der Hilfspolizisten wurde die Polizei mit Hermann Görings Runderlass vom 17. Februar 1933 aufgefordert, mit der NSDAP zu kooperieren – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur künftigen Kooperation mit Himmlers SS.174 Die Unterschiede zwischen beiden Organisationen waren zwar beträchtlich, was schon bei der Rekrutierung und den Zielgruppen der Anwerbeversuche oder bei dienstrechtlichen Belangen deutlich wird. Für Heinrich Himmler hatte die Ideologie jedoch einen unverzichtbaren und integrativen Stellenwert bei der Indoktrination von Polizei und SS. Die Ausbildung wurde, zumindest im Ideal, ganzheitlich gesehen und somit mussten auch die Polizeikräfte musterhaft und linientreu sowie repräsentabel sein – und das galt erst recht für ihre Führungskräfte und Offiziere.175 Die 1925 als Hitlers persönliche Leibgarde gegründete Schutzstaffel sollte nach einem rasanten Aufstieg in den 1920er Jahren und einer Konsolidierungsphase bis Mitte der 1930er Jahre zu einer der mächtigsten Organisationen im Deutschen Reich werden. Nachdem der Machtkampf mit der SA 1934 prinzipiell entschieden war, machte sich Heinrich Himmler daran, das Profil der SS zu professionalisieren und sie stärker rassenideologisch auszurichten. Der Wunsch nach der Etablierung einer Elite innerhalb der SS, der Waffen-SS, als deren Reservoir und Klammer die Allgemeine SS, aber auch die Spitzen von Hitlerjugend und der ›Nationalpolitischen Bildungsanstalten‹ fungierten, war auch die Folie für die Entwicklung der Ordnungspolizei. Nicht auf einer Stufe aber mit der Möglichkeit von Aufstieg und Partizipation sollte diese auf lange Sicht mit der SS sowie den Sicherheitsdiensten zu einem ›Staatsschutzkorps‹ verschmolzen werden.176 Die Realisierung scheiterte jedoch aus verschiedenen Gründen, etwa den unterschiedlichen Herkunftsmilieus und den daraus resultierenden Gegensätzen bei der Bildung, ideologischen Defiziten, aber auch Rivalitäten in der Organisation. Letztlich war eine Umsetzung bis zum Ende des Krieges nicht möglich. Nichtsdestotrotz waren die Grenzen zwischen beiden Organisationen oft fließend, die weltanschaulichen Standards gleich; vor allem aber war das gemeinsame Ziel die Herausbildung des NS-Vernichtungs- und Unterdrückungsapparates. Die Durchdringung von SS und Polizei vollzog

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