130 des Kriegsendes bewiesen. Eine besondere Affinität der sowjetischen Seite für die Begehung von Straftaten wirkt jedenfalls nicht besonders glaubhaft, noch wurde sie statistisch irgendwie erfasst. Wohnraum in der Gartenstadt wurde in großem Umfang durch Truppenteile der Sanitätskompanie belegt, die auf dem Festspielhausgelände stationiert waren, so etwa in den von der Gartenstadt-Gesellschaft Hellerau vermieteten Wohnungen am Markt.482 Solche Einquartierungen trugen nicht zur Entspannung des Wohnmarktes in der Gartenstadt bei und stellten für die umliegenden Mieterinnen und Mieter, die zur Wohnraumabgabe gezwungen waren, eine Belastung dar, wenngleich sie auch eine Chance für Tauschgeschäfte boten. Konfliktpotenzial barg für die Gemeindeverwaltung auch die Abrechnung von Strom und Wasserverbrauch durch die Garnison im Festspielhaus, für die die Gartenstadt zunächst aufkommen musste. Dabei war die Kostenerstattung lange ungeklärt und musste umständlich bei der Kommandantur des Rayons Dresden beantragt werden. Das Gleiche galt für die Gestellung des Wachdienstes.483 Seit ihrer Gründung war die Gartenstadt mit der Nähe zu Militärstandorten konfrontiert, die sich oft nachteilig auf die Wohnqualität auswirkten. Der benachbarte Truppenübungsplatz auf dem Heller bot, auch während seiner Nutzung durch die Rote Armee, ein beständiges Konfliktpotenzial. Belästigungen und Beschädigungen an Wohnhäusern wurden dann zunächst an die Gemeindeverwaltung gerichtet und an das Landratsamt weitergeleitet – ohne dass damit eine Abhilfe verbunden war. Entgegnungen der Militäradministration, sofern sie überhaupt erfolgten, begründeten stets eine Unvermeidlichkeit und verneinten die Ableitung irgendwelcher Rechtsansprüche.484 Die Bürgerinnen und Bürger Helleraus schienen aber durchaus auf verschiedene Weise auch von den neuen Nachbarn zu profitieren. Sofern beide Seiten einen Vorteil erwarten konnten, war nicht nur Raum für offizielle Produktions- und Versorgungsaufträge, etwa der örtlichen Bäckerei. Es ergaben sich gelegentlich auch Nischen für Geschäftliches, für Tauschhandel, persönliche Begünstigungen oder bei der Umgehung von Restriktionen in der Bewirtschaftung von Konsumgütern und Nahrungsmitteln. Dass die sowjetische Garnison immer etwas gebrauchen konnte, bot Vorteile für die Bevölkerung der Gartenstadt, die man zu nutzen wusste, so etwa zur Aufbesserung des Nahrungsmittelangebots über die Resteverwertung der Kantine der Garnison.485 Neben den Wachdiensten wurde die Gemeindeverwaltung auch für Hausmeistertätigkeiten auf dem Areal der Polizeischule herangezogen sowie mit der Durchführung von Reinigungsarbeiten betraut.486 PLÄNE FÜR DIE REAKTIVIERUNG DES FESTSPIELHAUSES Verschiedene zum Teil ambitionierte Pläne existierten in der Zeit nach Kriegsende auch für das Festspielhausgelände, wenngleich diese zum Teil der Euphorie geschuldet und eher Ausdruck der Hoffnung als einer realistischen Einschätzung waren. Neben den Erwartungen an eine kulturelle Nutzung des Festspielhausareals unmittelbar nach Kriegsende wurden die Visionen für dessen Inwertsetzung und Hoffnungen auf eine Reaktivierung des Hauses vor allem durch eine kurze Phase der Abwesenheit der sowjetischen Streitkräfte 1947 genährt. Schon 1945 beabsichtigte man seitens der Landesverwaltung und der Kunsthochschule die Einrichtung einer Hochschule für Werkkunst, die in der Gartenstadt angesiedelt werden sollte. Angedacht war eine ergänzende Meisterausbildung in Kooperation mit den Deutschen Werkstätten, einschließlich einer Nutzung von Arbeits- und Atelierräumen. Diese Unternehmung hätte als Synthese der Kunstgemeinde der 1930er Jahre und der aufgegebenen Handwerkergemeinde Heinrich Tessenows der Zwischenkriegszeit gelten können.487 Als eine Optimierung dieser Idee kann das Vorhaben des zeitweiligen Leiters der Dresdner Kunsthochschule Mart Stam gelten, die Kunstgewerbeschule aufgrund der Gebäudeschäden und Zerstörungen der Dresdner Innenstadt auf den Heller zu verlegen und im Festspielhaus unterzubringen und die bis dahin an verschiedenen Standorten untergebrachten Studiengänge an einem Ort zu zentralisieren. Hervorgehoben wurde der große Platzbedarf, der sich in angemieteten Provisorien nur unzureichend befriedigen ließ. Zeitweise erwogen wurde für diesen Zweck auch die einstige Landesschule Klotzsche; möglich 482 Vgl. SächsStA 11764/0463, Schriftwechsel zu einem Einbruchsdelikt, 6.3.–22.3.1948, bei dem es auch zu Einschüchterungen eines Wachmannes der Deutschen Werkstätten gekommen war. Zu Auseinandersetzungen um Wohnraum zwischen sowjetischer Besatzung und Anwohnerinnen und Anwohnern vgl. StA Dresden 8.13/120/01b, Schreiben Alfred Hahn, vom 19.5.1947; zur Belegung von Wohnraum der Gartenstadt-Gesellschaft am Markt sowie Diebstählen durch Angehörige der Roten Armee vgl. Schreiben Felix Braedt vom 19.2.1947; StA Dresden 4.1.6/61, Bl.1. 483 Vgl. StA Dresden 8.13/800/01/II, Schriftwechsel zwischen der Gemeinde Hellerau, der Stadt Klotzsche, dem Oberkommando der sowjetischen Truppen 7.5.–22.2.1947. Dazu auch ebd., Schriftwechsel zwischen der Gemeinde, der Gartenstadt-Gesellschaft Hellerau und dem Landkreis 4. 7.– 12. 12. 1947. 484 Vgl. z. B. StA Dresden 8.13/120/01b, Schreiben des Landratsamtes Dresden vom 8. 7. 1947. 485 Vgl. StA Dresden 8.13/145/05a/I, Schreiben an die Gemeinde vom 18.2.1947; vgl. Dietz H./Dietz M. (1999). 486 Vgl. Kostenaufstellung des Bürgermeisters Hahn 1945, StA Dresden 8.13/800/02/II, Schreiben vom 5.8.1947. 487 Vgl. StA Dresden 8.13/573/00, Schriftwechsel der Gemeinde mit der Landesverwaltung Sachsen und dem Landratsamt Dresden zwischen dem 4.10. und 10.10.1945; HfbKA 02/41, Sitzungsprotokoll vom 8.2.1946. Zur Idee einer Meisterschule von Karl Schmidt, vgl. SächsStA 11125/17948, Bl. 43–45.
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