Leseprobe

149 II.6 d Fa. J. Stepanek Uniform-Rock der preußischen Infanterie (Centenaire- oder Theateranfertigung) Chemnitz, um 1913 in Rot und Preußisch-Blau eingefärbter Wollstoff, weiße Effekten, Messingknöpfe, L 87 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. cm005687 Ab dem 4. September, nach dem Überfall Preußens auf Kursachsen, wurde Chemnitz in die Ereignisse des Siebenjährigen Krieges einbezogen: Die Truppen Herzog Ferdinands von Braunschweig besetzten die Stadt. So groß die Bemühungen des preußischen Kommandeurs anfangs auch waren, die Belastungen für die Menschen in der Stadt und im Umland so gering wie möglich zu halten, änderte sich das in der Folgezeit doch dramatisch. Besonders das Vorgehen der preußischen Militärjustiz gegenüber den sächsischen Soldaten, die sich der Zwangseingliederung in das Heer König Friedrichs II. durch Desertation entzogen, erregte Abscheu unter der Bevölkerung und führte zu beachtlicher Solidarität unter den »sächsischen Landeskindern« und zu langlebigen antipreußischen Ressentiments. Doch auch dem Auftreten der Verbündeten, etwa des österreichischen Militärs und seiner Hilfsvölker, stand man skeptisch, ja äußerst ablehnend gegenüber. Hatten schon die Preußen nahezu eine Million Taler an Kontributionen von den Chemnitzern erpresst, so standen die Habsburger Truppen ihren Gegnern nicht sonderlich nach und ließen ihre eigenen militärischen Unternehmungen in nicht eben geringem Maße durch die Stadt finanzieren. Am Ende des Konflikts war nahezu alles verfügbare Kapital abgeschöpft, die Einwohnerzahl erheblich zurückgegangen, das Gewerbe in seiner Entwicklung eingeschränkt oder gar zurückgeworfen und die traditionellen Handelsbeziehungen weggebrochen. UF Literatur: (II.1 b) Hilbert, Klaus: Sächsische Blankwaffen aus drei Jahrhunderten. Königswinter 1998; die anderen Objekte bislang unpubliziert. II.7 Johann Leonhard Oexlein Medaille auf den Frieden von Hubertusburg Dresden, 1763 Silber, Dm 4,4 cm Vs.: »NVNCIA PACIS D.15.FEBR.MDCCLXIII«, Rs.: »IAM REDIRE AVDET / GERMANIA PACATA« Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. 588 Med V1 586 G3 Die Vorderseite der Medaille zeigt die Hofansicht des Schlosses Hubertusburg, den Schauplatz des Friedensschlusses nach dem Siebenjährigen Krieg am 15. Februar 1763. Seitlich über dem Schloss posaunt ein Engel in alle Himmelsrichtungen und symbolisiert das Erscheinen der nuntia pacis, der Friedensbotin. Auf der Rückseite hält eine aufrecht stehende weibliche Figur mit schwingendem Kleid Zepter und Ähre hoch. Die Umschrift erklärt das Bild: »Schon wagt die friedliche Germania zurückzukehren.« Sie blickt in die offene Landschaft, in der ein Bauer mit Gespann den Boden pflügt – ein Sinnbild des ersehnten friedlichen Lebens. Das Münzkabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden besitzt einen originalen Begleitzettel zur Medaille, der auf die Göttin der Gerechtigkeit bei Horaz verweist. AK Literatur: Fiedler; Nicklas; Thoß 2009. III Handwerk und Gewerbe – das alte wirtschaftliche Rückgrat von Chemnitz Quasi seit der Entstehung der Stadt Chemnitz zum Ende des 12.Jahrhunderts bildete handwerkliche Produktion, vorrangig in den textilen Gewerken, das wirtschaftliche Rückgrat der Stadt. Das blieb im Wesentlichen bis zum 18.Jahrhundert so. Die Zünfte – verbindliche Zusammenschlüsse von Warenproduzenten, die (im Falle von Chemnitz) ihre Ursprünge im 14./15.Jahrhundert hatten – bestimmten die Existenz jedes Handwerkers. Sie verfolgten das Ziel »gleicher Nahrung«, d. h. die optimale soziale Absicherung aller Zunftangehörigen einschließlich ihrer Familien. Bis in die Neuzeit machte dieser grundsätzlich existenzsichernde Faktor die Zünfte attraktiv, doch zeitigte das Festhalten an jahrhundertealten Traditionen auch eine Schattenseite, nämlich das Festhalten an gleichfalls jahrhundertealten Gepflogenheiten in der Warenproduktion. Dieser Makel wurde im Verlauf des 18. Jahrhunderts besonders deutlich, weil sich die zünftig organisierten Handwerker nicht mehr mit lediglich lokalem oder regionalem Handel, sondern nunmehr mit einem globalen Markt und damit internationaler Nachfrage und Konkurrenz auseinanderzusetzen hatten.

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