162 V Kattundrucktisch und Bohrmaschine – neue Produktionsmittel Herstellung und Veredelung von Kattun bildete seit der Mitte des 18. Jahrhunderts einen neuen bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Sachsen. In Chemnitz etablierte Georg Schlüssel 1770 diesen Gewerbezweig. Bis 1806 entstanden hier 14 Kattundruckereien. Der Baumwollstoff wurde in mehreren Arbeitsgängen zunächst gespült, gebleicht und getrocknet, bevor er eingefärbt und mit unterschiedlichen Mustern bedruckt wurde. Diese Vorgänge geschahen traditionell in arbeitsteiliger Handarbeit, zunehmend in zentralisierten Manufakturen oder »Fabriquen«, wie es in der zeitgenössischen Diktion nun immer häufiger hieß. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, verfügten die Betriebe über ein System von Gebäuden. In der Regel waren sie außerhalb der Städte im Gebiet von Bächen und Flüssen angelegt und prägten auf diese Weise mit den markanten Trockentürmen, Druckereien sowie den Wohn- und Kontorhäusern der Fabrikbesitzer das Stadtbild mit. Die Chemnitzaue unterhalb des Hüttenbergs entwickelte sich zu einer regelrechten »Industriegasse«. Neu war auch der Einsatz von Maschinen in verschiedenen Produktionsprozessen. Vielfach ist von einer »Maschinenfeindlichkeit im Handwerk« zu lesen: Das war tendenziell richtig, traf aber für die Jahre des Rétablissements in Sachsen nur noch bedingt zu. Nunmehr finden sich bereits Anzeichen für einen frühen »Werkzeugmaschinenbau«, der vor allem in Zuliefergewerben, etwa bei der Herstellung von in großem Umfang benötigten Strumpfwirkerstühlen, erkennbar wurde. V.1 Fünf Kattundruckmodeln Chemnitz (?), Ende 18. bis Mitte 19. Jahrhundert Obstholz, teilweise beschnitzt, Messingstifte, B 26,5 cm / 21,5 cm / 15,7 cm / 15 cm / 14,8 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. VI 1237 / H9; VI 1237 / H1; VI 1237 / H1 (2); VI 1237 / H1 (3); VI 1237 / H1 (4) Kattun (zeitgenössisch auch Catun, Coton und verschiedene andere Schreibweisen) begriff man am Ausgang des 18. Jahrhunderts als »ein von Baumwollenem Garn verfertigt Ost- Indisch leicht Gewebe« (1789), das in unterschiedlichen Qualitäten »fein, mittel oder grob« sowohl weiß als auch farbig bedruckt, für ein breites Bekleidungsspektrum nahezu aller gesellschaftlichen Schichten verwendet wurde. Die mit mannigfaltigen Mustern bedruckten Stoffe, die hinsichtlich ihrer Designs in unzähligen Variationen konfektioniert wurden, erfreuten sich fast einhundert Jahre lang ausgesprochen großer Beliebtheit. V.1
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