163 Die Stoffe wurden vorrangig in größeren Produktionsstätten – Manufakturen oder »Fabriquen« – bedruckt, wobei das Verfahren relativ einheitlich gehandhabt wurde. Die zu bedruckenden Stoffbahnen wurden vom Ballen auf einen Drucktisch ausgerollt, wo der Kattundrucker die vom Formenstecher verfertigten Druckmodeln mit einem speziellen KattundruckerHammer gleichmäßig auf die Textilbahn aufschlug. Zuvor wurden die Modeln von den »Streichkindern« farbig eingestrichen – der Bedarf an Kindern als gewerblichen Hilfskräften war deshalb in den Kattundrucker-Manufakturen besonders hoch. Der Druckprozess wurde zum Teil mehrfach mit verschiedenen Farbtönen wiederholt, um vor allem sehr bunte, heitere florale oder vegetabile Muster zu erzielen. Mit Unterstützung des sächsischen Administrators Prinz Xaver eröffnete mit der Kattundruckerei des gebürtigen Hamburgers Wilhelm Georg Schlüssel die erste Kattundruckerei in Chemnitz. Nach 1771 setzte schließlich ein regelrechter Boom von Firmengründungen in diesem Produktionszweig in der Stadt ein. UF Literatur: Objekte bislang unpubliziert. V.2 Produktkataloge und -vorlagen, sogenannte Musterbücher Chemnitz/Limbach (?), erste Hälfte 19. Jahrhundert Einband: Pappe, marmoriert; Rücken: Leder; Seiten: Papier, Textil, B 22 cm × H 34 cm / B 16,5 cm × H 19,5 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. cm012247 Musterbücher dienen der Präsentation der Produktvielfalt einzelner Unternehmen, im vorliegenden Fall von Textilmanufakturen bzw. -fabriken im Chemnitzer Raum. Sie wurden von (Handels-)Vertretern verwendet und boten auf geringer Fläche Raum für die Vorstellung von Farben, Mustern und Stoffvarietäten. UF Literatur: Objekte bislang unpubliziert. V.3 Kattunkleid Chemnitz (?), um 1850 Baumwolle, gefärbt und bedruckt; Rock: geriehen, mit Volant und einer Eingriffstasche; Oberteil: gefüttert, H 116 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. cm005857 Im 19. Jahrhundert verbesserten technische Innovationen die Möglichkeiten der Weberei. Für gemusterte Textilien, besonders leichte Kleiderstoffe, blieb der Stoffdruck jedoch stets eine gleichberechtigte Alternative. Auch hier entwickelten sich die Technologien weiter, bis heute sind bedruckte Stoffe vergleichsweise preiswert und erreichen gegenüber Webwaren eine ganz eigenständige ästhetische Qualität. Das vorliegende, in unrestauriertem Originalzustand belassene Kattunkleid wurde um 1850 möglicherweise sogar in Chemnitz hergestellt. Die einheimische Druckbranche befand sich zu dieser Zeit zwar bereits im Niedergang, in der Stadt existierten jedoch noch einige Kattundruckereien, die auch Kleiderstoffe produzierten. Das Kleid ist im Oberteil gefüttert und dürfte damit für die kalte Jahreszeit bestimmt gewesen sein. Trägerinnen solcher auffällig gemusterten (Tages-)Kleider waren meist Mädchen und junge Frauen. PE Literatur: Fiedler 2011. V.4 Schnürbrust mit Rückenschnürung deutsch, um 1765 Seidendamast, Baumwolle, Fischbein, H 47 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. V2 200/D Die Schnürbrust – den Namen »Korsett« erhielt das Kleidungsstück erst im 19. Jahrhundert – war unverzichtbarer Bestandteil der weiblichen Garderobe gehobener Stände. In den Jahren nach dem Siebenjährigen Krieg dominierte in Sachsen ein konischer Schnürbrust-Typus, der die Brüste markant und »delikat«, wie es vielfach in der zeitgenössischen Literatur heißt, nach vorn und oben drückte und so »verführerisch« ins Bild setzte. Zum Rock hin lief das Kleidungsstück in Einschnitte (sogenannte Zaddeln) aus, die sich beim Schnüren nach außen drückten, um sich wiederum dem weiblichen Becken anzupassen. UF Literatur: Fiedler 2011; Fiedler; Nicklas; Thoß 2009. V.5 Strümpfe Chemnitz, 19. Jahrhundert Wollgarn, glatt gestrickt (ohne Ferse), L 72 cm Kunstsammlungen Chemnitz – Schloßbergmuseum, Inv.-Nr. VIII 71/D Das Strumpfwirker-Gewerbe in und um Chemnitz lässt sich im Vergleich zu anderen Gewerken quellenmäßig erst recht spät nachweisen. Trotz des späten Auftretens entwickelte es sich jedoch sehr rasch und mit deutlich über das Lokale hinausgreifender Bedeutung. Die rasche Entwicklung korrespondierte mit dem Niedergang des Bergbaus im Erzgebirge ab dem Ende des 16. Jahrhunderts: In der meist in Heimarbeit am HandwirkV.5
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1