Leseprobe

36 Denkmalschutz als Ausnahme von Nachhaltigkeit? Kirsten Angermann Vor dem Hintergrund aktueller Debatten um notwendige Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und seiner Folgen und der daran geknüpften »Bauwende« scheint sich ein Konsens in Denkmalschutz und Denkmalpflege zu etablieren, der dem Denkmalschutz dabei eine Vorreiterrolle zuschreibt. Denkmalschutz sei »aktiver Klimaschutz« und damit die »Avantgarde der Reparaturkultur«.1 Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) sieht den Denkmalschutz gar als »Synonym für Nachhaltigkeit«.2 Begriffe wie »ressourcenschonend« und »reparierbar« tauchen ebenso häufig in der Diskussion auf – oftmals gepaart mit den Attributen »schon immer« oder »per se«. Demgegenüber existieren jedoch auch Stimmen, die Denkmalschutz und Denkmalpflege als Verhinderer von Maßnahmen für Energieeffizienz und den Einsatz erneuerbarer Energien sehen. Schon aufgrund der Absolutheit dieser – für die Denkmalpflege positiven wie negativen – Aussagen lohnt es sich, sie einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Zunächst soll in diesem Beitrag jedoch ein Blick zurück auf die Befassung der Denkmalpflege mit dem Thema der Nachhaltigkeit geworfen werden. Im Weiteren wird dann die These diskutiert, dass Denkmalpflege eben nicht per se nachhaltig ist und überdies eine Ausnahme von Nachhaltigkeit darstellen müsste, um in der Zukunft Denkmale angemessen erhalten zu können. Denkmalpflege und Nachhaltigkeit – Blick zurück Der Beginn der Beschäftigung mit dem Begriff und dem Prinzip der »Nachhaltigkeit«3 und seiner Beziehung zur Denkmalpflege lässt sich im deutschsprachigen Raum auf die Mitte der 1990er Jahre datieren.4 1995 wurde etwa der Umgang mit dem industriellen Erbe vor dem Hintergrund der Ressourcenproblematik diskutiert. Auf der Tagung zum »Denkmal als Altlast« fragte sich Wilfried Lipp, wie aus der Wegwerfgesellschaft eine »Reparaturgesellschaft« werde, und es wurde diskutiert, wie Werterhaltung in der Denkmalpflege und im Gesamtgebäudebestand zu leisten sei.5 1999 fand mit einem interdisziplinären Weiterbildungskolloquium zu »Nachhaltigkeit und Denkmalpflege« am Institut für Denkmalpflege der ETH Zürich eine Veranstaltung explizit zum Thema statt, die 2003 publiziert wurde.6 Damals ging es darum, die Denkmalpflege überhaupt in die spätestens seit der Rio-Konferenz 1992 virulente Debatte um Nachhaltigkeit einzuführen und dabei als Partnerin von Architektur und Planung zu positionieren. Die Argumente hierfür unterschieden sich kaum

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