Leseprobe

37 von den heutigen. Es ging darum, dass die Denkmalpflege Handlungswissen aus ihrer langjährigen Beschäftigung mit dem Denkmalerhalt bereitstellen und Methoden für den in den 1990er Jahren bereits antizipierten Wandel im Bauwesen zu Umbau und Umnutzung anbieten könne.7 Das wurde explizit als Chance für Denkmale gesehen und gehofft, Denkmale würden somit zukünftig »im Trend« liegen und Vorbildwirkung entfalten.8 Weiter zurück liegt die Befassung mit dem Zusammenklang von Denkmal- und Naturschutz, der sich bis in das 19. Jahrhundert zurückverfolgen lässt und später mit den Ideen des Umweltschutzes und Umweltbewusstseins, die seit den 1960er Jahren schrittweise in die Denkmalpflege diffundieren, bereichert wird.9 Aus dem als Stadtzerstörung empfundenen Unbehagen mit dem »Bauwirtschaftsfunktionalismus« (Mitscherlich) der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik heraus brachte es Heinrich Klotz 1975 ebenso wie die heutigen Postulate sehr pointiert zum Ausdruck: »Denkmalschutz ist Umweltschutz.«10 Denkmale wurden in der Diskussion der frühen 2000er Jahre vorwiegend als Ressourcen – im materiellen wie ideellen Sinn – betrachtet, die es nachhaltig zu bewirtschaften galt. Sie konnten eine Rolle in den Nachhaltigkeitsdimensionen einnehmen und als wirtschaftlicher Motor, für kulturelle Sinnstiftung und die Befriedigung sozialer Bedürfnisse sowie als ökologisches Vorbild herangezogen werden. Somit standen stärker das Denkmal an sich sowie die praktischen Methoden der Erhaltung im Fokus als die prozessualen Aushandlungen um denkmalpflegerisches Handeln. Hierin liegt ein Unterschied zur heutigen Debatte, in der eher die Ressourcen betrachtet werden, mit denen Denkmale erhalten werden (müssen) – Geld, Material, Energie –, also häufig Fragen nach der Effizienz des Denkmals und der Denkmalpflege. Die »Ressource Denkmal« tritt derweil in den Hintergrund.11 Die Diskussionen in der Denkmalpflege und das Angebot an das Bauwesen, als Partner zu agieren, haben nicht sofort Anklang gefunden. Unterdessen wurden Aspekte der Energieeinsparung am Baudenkmal als Teilproblematik nachhaltigen Handelns stärker fokussiert – dies eher, um die scheinbar gegensätzlichen Belange zu versöhnen und nicht, wie Ende der 1990er Jahre diskutiert, Synergien zu finden und starke Partnerschaften zu bilden –, worauf innerhalb der Denkmalpflege sowohl affirmativ als auch verteidigend reagiert wurde.12 Nicht zuletzt wegen der von der Europäischen Kommission 2020 proklamierten »Renovation Wave« kam es letztlich doch zu einem Schulterschluss verschiedener Denkmalinstitutionen und Institutionen des Bauwesens wie dem Bund Deutscher Architekten oder der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen.13 Insbesondere in der öffentlichen Wahrnehmung hält sich der Vorwurf, Denkmalschutz und Denkmalpflege stellten oft eine Verhinderung von Klimaschutz, Energieeffizienz und Bauwende dar. Denkmalpflege als Verhinderung von Klimaschutz und Bauwende? Der Vorwurf wird von denkmalfreundlicher Seite oft reflexartig abgetan, was in Anbetracht des statistisch geringen Anteils von Denkmalen am Gesamtgebäudebestand in Europa, von etwa einem bis drei Prozent, zunächst sinnfällig erscheint, da Maßnahmen an den weiteren 97 bis 99 Prozent des Gebäudebestands wesentlich

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