13 Dabei scheint es der Anspruch gewesen zu sein, die Kundschaft immer wieder durch erfindungsreiche Schöpfungen zu erstaunen, da kaum Serien gefertigt, sondern vielmehr aufwendige Einzelstücke produziert wurden. Das damit verbundene finanzielle Risiko sollte schließlich auch zur Überschuldung des Betriebs führen. Durch die intensivierten Handelsbeziehungen mit fernen Ländern waren auch neuartige Getränke nach Europa gelangt, die sich bald zu wahren Modegetränken entwickelten. Sie wurden neben ihrer Köstlichkeit auch wegen ihres Exotismus geschätzt und verlangten nach Gefäßen, die dieser Besonderheit Gestalt zu geben vermochten. So traf es sich hervorragend, dass gerade zu dieser Zeit das europäische Porzellan erfunden wurde, das sich schon durch seine Materialeigenschaften besonders für den Genuss von Tee, Kaffee und heißer Schokolade eignete. Gleichzeitig bot Porzellan die Möglichkeit, diesen Tassen und Koppchen eine Form zu geben, die den Gebrauch erleichterte und dem Genuss zusätzliche Noblesse verlieh. Die Manufaktur Du Paquier tat sich hier besonders durch ihre kostbar gestalteten, zum morgendlichen Trinken der Schokolade bestimmten Trembleusen hervor – Tassen, die durch einen Untersatz mit Galerie vor dem Umkippen bewahrt wurden. Neben Gefäßen für Heißgetränke oder dem Geschirr für die Tafel wurde der neue Werkstoff auch für eine Fülle anderer Verwendungen eingesetzt: So entstanden Bierhumpen, Flaschen für Weine, Schnäpse und Liköre, Toiletteartikel, Parfumfläschchen, Tabakdosen, Schreibutensilien, Uhrengehäuse, Spiegelrahmen, Kerzenhalter, Aufbewahrungsdosen für Gesellschaftsspiele, Griffe von Spazierstöcken oder religiöse Skulpturen für die persönliche Andacht. Diese Gegenstände verzierte die Manufaktur mit ihrem reichhaltigen Laub- und Bandelwerk oder überzog die Gefäße mit einer Fülle europäischer Blumen, die wie hingestreut wirken und zu einem Markenzeichen von Du Paquier wurden. Es sind Dekore von großer Liebenswürdigkeit und Unbefangenheit, ja Fröhlichkeit. Aber auch zurückhaltend, exquisit und überaus vornehm konnte der Schmuck gestaltet sein, etwa, wenn monochrome Schwarzlotmalerei mit wenigen, ausgesucht gesetzten goldenen Akzenten gehöht wurde, wie etwa beim Jagdservice der Fürsten von Liechtenstein. Mit dem Siegeszug des Porzellans im 18. Jahrhundert, dessen Verwendung aufgrund zunehmender Erschwinglichkeit immer breitere Gesellschaftsschichten erreichte, veränderte sich die Tischkultur Europas nachhaltig. Heute ist Porzellan so allgegenwärtig, dass wir keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Doch hat dieses Material die Menschheit in Bezug auf Hygiene und Stil in ein neues Zeitalter katapultiert. Dass es auch zu einer der reizvollsten und originellsten künstlerischen Ausdrucksformen wurde, ist nicht zuletzt der Wiener Manufaktur Du Paquier zu verdanken. • Mein besonderer Dank für das Zustandekommen dieses Ausstellungsprojekts, das thematisch wie ästhetisch zum Kern fürstlichen Sammelns und des Epochengefühls im barocken Wien führt, gilt an dieser Stelle seiner Durchlaucht Fürst Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein und seiner Durchlaucht Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein für ihre großzügige Förderung, den öffentlichen und privaten Sammlungen aus Österreich, Europa und den Vereinigten Staaten, die unsere Präsentation durch ihre Leihgaben generös unterstützen, hier allen voran dem Museum für angewandte Kunst in Wien, das uns eine große Zahl wichtiger Exponate zur Verfügung gestellt hat. Ich danke meinen Mitkuratorinnen Claudia Lehner-Jobst und Iris Yvonne Wagner sowie dem Team der Fürstlichen Sammlungen, die in großer Professionalität die Verwirklichung dieser anspruchsvollen Schau vorangetrieben haben, und den Autorinnen und Autoren des Katalogs, die mit ihren Studien vielfältige Aspekte dieses reichen Themas beleuchten. Für den eleganten Auftritt unseres Ausstellungsprojekts und des begleitenden Katalogs zeichnen der Ausstellungsgestalter Marcus Lilge und der Sandstein Verlag verantwortlich; auch ihnen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. ◄ Detail von Kat.-Nr. 56 Kat.-Nr. 104 ►
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