48 Ehrenfried Walter Graf von Tschirnhaus (1651–1707) erkundete Ende des 17. Jahrhunderts die mineralischen Rohstoffe des Erzgebirges im damaligen Kurfürstentum Sachsen. Bergbau, Hüttenwesen sowie Metall- und Glasverarbeitung gab es im Erzgebirge schon seit dem Mittelalter.1 Tschirnhaus gelang es, aus Glasblöcken ungewöhnlich große Brennlinsen (Abb. 1) und Hohlspiegel zu schleifen, mit denen er Temperaturen bis zu 2 000 Grad Celsius erreichte und Schmelzversuche mit Erden und Mineralien durchführte.2 Schließlich erhielt er von August dem Starken den Auftrag, den auf der Albrechtsburg in Meißen inhaftierten Alchemisten und vermeintlichen Goldmacher Johann Friedrich Böttger (1682–1719) zu beaufsichtigen. Gemeinsam mit Berg- und Hüttenleuten aus Freiberg unternahmen sie Schmelzversuche mit verschiedenen Erden, wofür auch Brennöfen gebaut wurden.3 Schließlich gelang es Böttger und Tschirnhaus, gemeinsam mit Pabst von Ohain 1707 rotes Steinzeug zu brennen, das sogenannte Böttgersteinzeug (Abb. 2). Wenige Monate später glückte Böttger in seinem Laboratorium auf der Jungfernbastei in Dresden erstmals der Brand eines weißen, durchsichtigen Scherbens aus einer Mischung von kaolinhaltigem Colditzer Ton, Freiberger Kalkspat, Quarz sowie Alabaster.4 Am 28. März 1709 informierte er die sächsische Hofkanzlei schriftlich über den Erfolg – es ist der Geburtstag des europäischen Hartporzellans.5 Die Gründung der Manufaktur auf der Albrechtsburg in Meißen erfolgte am 6. Juni 1710. Böttger wurde zum Administrator ernannt und arbeitete an der Verbesserung seiner Erfindung hinsichtlich der Reinheit des Scherbens und der Vervollkommnung der Glasur. Schließlich erkannte er die besondere Eignung der Erde Kaolin für die Rezeptur. Das geheim gehaltene Wissen um die Bestandteile und das Brennen von Hartporzellan gelangte dennoch durch ehemalige Mitarbeiter Böttgers nach Wien.6 Hinter all diesen Unternehmungen stand das Ziel, die Produktivität und Herstellung von Waren im eigenen Land durch Innovationen und die Gründung von Manufakturen zu erhöhen, diese wirtschaftlich optimal zu nutzen und teure Importe zu verringern.7 Abb. 1 Tschirnhaus’sches Brennglas Dresden, um 1700 Glas, geschliffen, Holz Technisches Museum Wien Inv.-Nr. 10699 Abb. 2 Porzellan-Manufaktur Meissen Teekanne mit Laub- und Bandelwerk, 1710/1713 Böttgersteinzeug Privatsammlung
RkJQdWJsaXNoZXIy MTMyNjA1