Leseprobe

49 DIE FÜRSTEN VON LIECHTENSTEIN UND DIE ALCHEMIE Experimentierfreude und das Interesse für Alchemie lassen sich auch im Fürstenhaus Liechtenstein nachverfolgen. Von seinem Vater Karl Eusebius erbat Johann Adam Andreas I. von Liechtenstein ein alchemistisches Buch des Gelehrten Johan Baptista van Helmont (1579– 1644), einem Nachfolger des Arztes und Alchemisten Theophrastus Bombastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, das er mit väterlichem Ratschlag zur Lektüre erhielt.8 Helmont war es, der das »Gas«, abgeleitet von dem Begriff »Chaos«, prägte und das Kohlendioxid (gas silvestris) als eine besondere Form des Dampfes erkannte.9 Um dies zu entdecken, musste er die tradierte Vorstellung, dass Luft ein einheitlicher Körper oder alchemisches »Element« sei, überwinden. Nach der damaligen Auffassung existierten, zurückgehend auf Empedokles, in der irdischen Sphäre die vier wandelbaren Elemente Feuer (Abb. 3), Wasser, Erde und Luft. In der himmlischen Sphäre herrschte die »Quinta Essentia«, die Aristoteles als »Äther« beschrieb – ein Element, das sich von den irdischen unterscheide und dauerhaft und unveränderlich sei. Dieses durchdringe alles und sei einem Feuer ohne Wärme gleich. Durch das spezifische Zusammenwirken der drei Prinzipien Sulphur, Mercurius und Sal entstünden alle Stoffe. Zwar kannte man Gase, beispielsweise das beim Bierbrauen entstehende Kohlendioxid, aber nicht ihre Natur als distinkte Stoffe.10 Durch die Einwirkung bestimmter physikalischer Kräfte glaubte man, Materialien und Substanzen verwandeln zu können oder auch minderwertige Materialien zu neutralisieren, um sie mit den Prinzipien eines hochwertigen Materials zu verbessern. Die Transmutationsprozesse der Natur sollten so nachempfunden und beschleunigt werden. Auch Böttger wurde mit der Intention, Gold herzustellen, von August dem Starken gefangen gehalten (Abb. 4).11 Viele Alchemisten begaben sich auf die Suche nach dem Stein der Weisen, der ihnen die Herstellung edler Metalle aus unedlen ermöglichen sollte, aber auch als Allheilmittel galt. Wie dieser herzustellen sei, war allerdings ein Geheimnis, und die alchemistischen Traktate beschreiben keinen genauen Lösungsweg, sondern bleiben verschlüsselt und rätselhaft. Auch das Buch Wasserstein der Weisen (Kat.- Nr. 8) in den Fürstlichen Sammlungen ist vielmehr eine theosophische Schrift, die den Weg zum Lapis philosophorum in einen spirituellen Läuterungsprozess einbindet. 1 Eine systematische Darstellung zum Bergbau und Hüttenwesen im Erzgebirge mit zahlreichen Illustrationen erschien bereits 1556 unter dem Titel De re metallica libri XII von dem Chemnitzer Stadtarzt Georgius Agricola (Kat.-Nr. 7). 2 In diesem Zusammenhang bewilligte ihm nach längeren Bemühungen der Dresdner Hof Staatsmitteln zur Anlegung von drei Glashütten. 3 Vgl. Soukup 2007, S. 464–466. 4 Ebd. 5 Volke 2010, S. 40–43. 6 Siehe hierzu den Beitrag von LehnerJobst in diesem Band, S. 17–39. 7 Siehe hierzu den Beitrag von Stögmann in diesem Band, S. 55–67. 8 Siehe Haupt 2012, S. 408 f., Nrn. 2411, 2412. 9 Siehe Priesner 2011, S. 102. 10 Ebd. 11 Da Böttger diese Erwartung nicht erfüllen konnte, konzentrierte er sich auf Anraten Tschirnhaus’ auf Experimente zur Herstellung von Porzellan. Siehe Volke 2010, S. 37 f. Über dessen Anteil an der Erfindung siehe ebd. S. 47–50. Abb. 3 Bartholomäus Spranger Allegorie des Feuers, um 1600 Feder in Blau, blau laviert, weiß gehöht, auf blauem Tonpapier LIECHTENSTEIN. The Princely Collections, Vaduz–Vienna Inv.-Nr. GR 940

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