Leseprobe

11 Das Kaiserhaus, Angehörige des Hochadels, aber auch ranghohe Minister gaben Service, Einzelstücke für Geschenke oder ganze Raumausstattungen in Auftrag. Mitglieder des Fürstenhauses Liechtenstein gehörten zu den entscheidenden Förderern der in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrem Gartenpalais in der Rossau gelegenen Fabrikationsstätten. Auch Wien war im 18. Jahrhundert von der »maladie de porcelaine« erfasst worden, und so besaß beispielsweise Fürst Joseph Wenzel I. von Liechtenstein ein Porzellankabinett, in dem er fast 300 Stücke versammelte und das in seiner prachtvollen Präsentation die Bewunderung der Kaiserin erregte, die sich für Schloss Schönbrunn Vergleichbares wünschte. Was die Schöpfungen von Du Paquier so außergewöhnlich macht, ist ihr Vermögen, dem Geist Wiens zu Beginn des 18. Jahrhunderts auf besonders charmante Weise Ausdruck zu verleihen. Die Kapitale des Reiches war schon damals eine äußerst kosmopolitische Stadt und damit ein Schmelztiegel der Ideen, Talente und visuellen und kulturellen Erfahrungen der Menschen, die hier zusammentrafen und sich in verschiedenen Sprachen austauschten. So entstanden in den Werkstätten von Du Paquier Kompositionen, die in ihrer Verspieltheit, ihrer Originalität und ihrer Lust an überraschenden Effekten vor Augen führen, wie sehr man es genossen haben muss, mit dem neuen Werkstoff ungeahnte Möglichkeiten gewonnen zu haben und gleichzeitig von strengen stilistischen Erwartungen frei zu sein. Man war von dem Ehrgeiz getrieben, asiatisches Porzellan durch die eigenen Erzeugnisse zu übertreffen, wie schon das vom Kaiser erteilte Privileg zur Errichtung der Manufaktur betonte: »[...] allerley feinste Porcellain-Majolica und indianische Gefäß, und Gezeug, wie solche in Ostindien und anderen fremden Ländern gemacht werden, mit weit schöneren Farben, Zirathen und Gestalt.«1 Der Ideenreichtum war enorm, und die Manufaktur entwickelte dabei eine Formensprache, die mühelos heimisches Gestaltungsempfinden mit exotischen Einflüssen verband und in oftmals unbekümmerten oder extravaganten Zusammenstellungen verblüffende Kreationen hervorbrachte – etwa, wenn Karpfen, Salamander, Löwen, Panther und Drachen als Griffe, Henkel, Füße oder als Schmuck der Gefäße dienten. 1 Das kaiserliche Privilegium vom 27. Mai 1718, OeStA Wien, FHKA, NHK Bancale Akten NÖ 620, 27. Mai 1718, fol. 1 r.

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