I 108 Repräsentation von Fürsten und Herrschern im Kampf um Rang und Aufstieg tung der kollektiven Vorstellungen und Zuschreibungen für die Etablierung und Aufrechterhaltung von Herrschaft anschaulich auf den Punkt. Entscheidend war zudem, ob das transportierte Bild eines Herrschers oder einer Dynastie auf die Zustimmung der Zeitgenossen stieß, und sie die Ansprüche als legitim anerkannten. Auch wenn der gesellschaftliche Rang aller durchaus immer wieder neu austariert werden musste, waren Aufsteiger zumindest insofern leichter angreifbar als etablierte Mitglieder ihres Standes, da – wie bereits erwähnt – das Alter eines Geschlechts und die Dauer der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe einen zentralen gesellschaftlichen Wert darstellten. Sie waren somit entscheidende Faktoren für Ansehen und Rang innerhalb der sozialen Ordnung.27 Dies zeigt auch das Beispiel der Hohenzollern. Die Belehnungsurkunde für die Mark Brandenburg vom 30. April 1415 und der feierliche Belehnungsakt während des Konstanzer Konzils fast genau zwei Jahre später markieren den vorläufigen Höhepunkt in der Geschichte des ursprünglich kleinen Adelsgeschlechts vom Zollernberg bei Hechingen.28 Obwohl bereits 1273 von Rudolf von Habsburg mit dem Burggrafentum Nürnberg belehnt, erhielten sie erst 1363 ein Privileg Karls IV., das ihnen die Rechte von Reichsfürsten zuerkannte. Trotzdem wurden sie von der kaiserlichen Kanzlei noch bis in die 1380er Jahre als Grafen tituliert und begannen selbst auch erst ab 1407, vermehrt die fürstliche Anredeformel in Urkunden und Briefen zu benutzen.29 Obgleich der Einfluss der Hohenzollern im Reich zu Beginn des 15. Jahrhunderts und insbesondere mit der Wahl König Sigismunds enorm angestiegen war, bewegte sich das Geschlecht bei der Ernennung Friedrichs I. zum brandenburgischen Kurfürsten noch nicht sehr lange im Kreise der bedeutendsten Reichsfürsten. Das Beispiel Friedrichs II. von Hohenzollern soll nun im Folgenden dazu dienen, die doppelte »Anerkennungsarbeit« der Dynastie als soziale Aufsteiger zu verdeutlichen. Von der Forschung wurde sein Herrschaftsstil zumeist auf die tief religiöse Prägung seines Charakters zurückgeführt. Hier soll dagegen die These vertreten werden, dass der durch religiöse Repräsentation und Akte von Frömmigkeit dominant geprägte Herrschaftsstil Friedrichs II. für die Etablierung und Legitimierung der eigenen Herrschaft in der Mark Brandenburg, aber auch für die neu in den Kreis der Königswähler aufgestiegene Dynastie insgesamt von entscheidender Bedeutung war.30 Diese Formen der Repräsentation wiesen eine Multifunktionalität auf, die durch andere Mittel in diesem Maße wahrscheinlich nicht hätten erreicht werden können. Außerdem konnte der neue Markgraf und Kurfürst auf diese Weise ein völlig unterschiedliches Publikum ansprechen: Er erreichte sowohl die Einwohner seines neuen Markgrafentums als auch die anderen Großen des Reiches und konnte auf beiden Seiten Legitimationserfolge erzielen. Die Mittel und Medien seiner Herrschaftsdurchsetzung entsprachen den gesellschaftlichen Bedürfnissen der Beherrschten und den sozialen Anforderungen als Markgraf und Kurfürst gleichermaßen. Der besondere Erfolg dieser Repräsentationsformen liegt zudem darin, dass Frömmigkeit im Gegensatz zu anderen Arten der Repräsentation beinahe unangreifbar ist, da sie einen absoluten Wert in der Gesellschaft des christlichen Mittelalters darstellte. Andere Formen waren immer wieder massiver Kritik ausgesetzt. Vorwürfe wie stolz, gierig oder ruhmessüchtig zu sein, konnten schnell zu gefährlichen Anklagepunkten werden und sich damit kontraproduktiv auf die Herrschaftsetablierung auswirken. Eine Kritik am frommen Wirken eines Fürsten ließ sich dagegen erheblich schwerer formulieren. Natürlich konnte Friedrich II. nicht ausschließlich zweckrational und beliebig aus einem Repertoire auswählen, aber die charakteristische Verschmelzung von »Privat-« und »Staatsfrömmigkeit«31 im späten Mittelalter war die Grundlage des Erfolgs seiner Repräsentationsformen. Wie zu zeigen sein wird, griff der brandenburgische Markgraf dabei auf die aktuellen Mittel seiner Zeit zurück, konnte aber durchaus – wie im Fall der Gründung der Gesellschaft Unserer Lieben Frau – auch zum »Trendsetter« werden. Nachdem sein Vater ihm bereits am 11. Februar die Herrschaft übertragen hatte,32 wurde Friedrich II. nach dessen Tod am 20. September 1440 durch den Kaiser mit der Mark Brandenburg belehnt.33 Es lässt sich feststellen, dass von Beginn an ein deutlicher Schwerpunkt seiner Herrschaftsbemühungen im religiösen Bereich lag, wobei für die Zeit des Mittelalters und der Frühen Neuzeit eine Trennung in religiöse und politische Bereiche nicht möglich ist: Die Übergänge zwischen den beiden Sphären sind grundsätzlich fließend. Ein Teil der vielfältigen Maßnahmen, die der neue Markgraf während seiner Regierungszeit in der Mark Brandenburg mit großem Ehrgeiz umsetzte, wurden von der Forschung zumeist unter dem Gesichtspunkt des Aufbaus eines sogenannten landesherrlichen Kirchenregiments betrachtet. Ausgangspunkt und Grundlage waren die großen
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