Oberkammerdiener 317 I Jeroným Makovský von Maková Als in der Mitte der 1590er Jahre Rudolf II. sein Interesse an den Diensten des Jeroným Makovský äußerte, war dieser Wappenbürger aus der südböhmischen Stadt Sobieslau (Soběslav) erst seit kurzem Angehöriger des Hofes Peter Woks von Rosenberg, wo er sich vor allem der Alchemie gewidmet hatte. Obwohl sich Makovský zur verbotenen Böhmischen Brüdergemeinde bekannte, berief ihn der Kaiser 1597 an seinen Hof nach Prag.10 Jeroným Makovský stieg innerhalb von zwei Jahren in der Leibkammer Rudolfs II. zum Nachfolger des langjährigen Oberkammerdieners Hans Popp auf. Von diesem wusste man, dass er gegen Bestechung die Entscheidungen des Kaisers zugunsten der Bittsteller beeinflussen konnte. Als der Stadtrat von Kuttenberg (Kutná Hora) Rudolf II. um die Erledigung einer den Bergbau betreffenden Angelegenheiten bat, wies er die Bürger an, sich in Prag vor allem an Hans Popp zu wenden. Diesem Oberkammerdiener sollten sie etwas »Angenehmes« darbieten. Aufgrund der Andeutung, dass sie eine ähnliche Bestechung auch »einigen anderen Herren und Freunden« Hans Popps zugutekommen lassen sollten, ist es nicht auszuschließen, dass in dessen sozialer Umgebung Personen waren, die die Interessen des Oberkammerdieners in den Strukturen des Kaiserhofes durchsetzten, auf die er keinen unmittelbaren Einfluss hatte.11 Im Frühling 1598 wurde Jeroným Makovský in den Ritterstand des Königreiches Böhmen aufgenommen.12 Bis zum Jahre 1603, als Makovský aus den Diensten der Leibkammer Rudolfs II. entlassen wurde, hielt er seine Kontakte mit Peter Wok von Rosenberg aufrecht, der zu den führenden Repräsentanten der entstehenden Opposition der evangelischen Stände in Mitteleuropa gehörte.13 Ihr Schriftwechsel betraf häufig die politischen und religiösen Verhältnisse im Land. Der Oberkammerdiener übermittelte Peter Wok viele Nachrichten über das Geschehen in der unmittelbaren Umgebung des Kaisers. In ihrer schriftlichen Kommunikation spiegeln sich auch die kulturellen Interessen der beiden Männer, sei es in Bezug auf Kataloge von Büchern, auf das Schleifen von Edelsteinen, das Sammeln von Mineralien oder Fortschritte in der Alchemie.14 Obwohl Peter Wok den Oberkammerdiener mehrmals in dessen Prager Haus besuchte,15 spielten ihre Boten eine wichtige Rolle in der gegenseitigen Kommunikation, indem sie zwischen Prag, Krumau (Český Krumlov) und Wittingau (Třeboň) hin und her pendelten, Briefe überbrachten, mündliche Botschaften bestellten und Geschenke überreichten. Die Boten Peter Woks übergaben Jeroným Makovský geschliffene Edelsteine, Mineralien in bizarren Formen sowie prachtvolle Kleinodien. Solche Geschenke dienten in der symbolischen Kommunikation zur Bestätigung der gegenseitigen Bindung zwischen dem Schenkenden und dem Beschenkten. Jeroným Makovský gab die Geschenke an andere einflussreiche Personen am Kaiserhof weiter, von denen Peter Wok Hilfe bei der Durchsetzung seiner Interessen erwartete.16 Auf diese Weise festigte sich der Zusammenhalt informeller Machtgruppen, die sich in der Umgebung der Oberkammerdiener bildeten.17 Als Peter Wok im Frühling 1603 durch seinen Boten dem Geheimen Rat Karl von Liechtenstein ein geschliffenes Gefäß aus Jaspis sandte, ersuchte er Jeroným Makovský, die Übergabe des prunkvollen Geschenks zu überwachen. Aus seinem Brief ist zu erkennen, dass das Geschenk als symbolisches Unterpfand für eine Absprache, eine »Besprechung« mit Karl von Liechtenstein dienen sollte.18 Jeroným Makovský von Maková wurde zum häufigen Gast im Prager Haus des Obersthofmeisters des Königreiches Böhmen Christoph Popel des Jüngeren von Lobkowitz, der im Gegensatz zu Peter Wok von Rosenberg zur Gruppe der radikalen Katholiken gehörte. Der Gastgeber nutzte zu seinem Vorteil Makovskýs persönliche Bindungen an den Kaiser, deshalb schickte er auch durch ihn verschiedene Suppliken.19 Jeroným Makovský von Maková besaß neben einigen kleineren Gütern auf dem Land auch vier Renaissancehäuser in Prag auf dem Hradschin und der Kleinseite. Obwohl zwei dieser Häuser eine Schenkung des Kaisers an seinen geschätzten Oberkammerdiener darstellten, erwarb Jeroným Makovský die übrigen Häuser und Güter für hohe Geldbeträge, die unmöglich aus der Besoldung aufgebracht werden konnten. Jeroným Makovský investierte in den Kauf von Liegenschaften Kreditgelder, Geldgeschenke und Bestechungsgelder, die er von Bewerbern für die Vermittlung der Audienzen beim Kaiser erhielt.20 Das hochmütige und eingebildete Verhalten Makovskýs, der im Widerspruch mit seiner niedrigen – gleichwohl adeligen – Herkunft stand, war den vornehmen Personen am Hofe ein Dorn im Auge. Sie stießen sich an der unbeschränkten Macht des Oberkammerdieners. Über die Verhaltens- und Handlungsweise Jeroným Makovskýs empörten sich auch die Bürger der Kleinseite in Prag, die ihm Trinkorgien, Kuppelei und das Betreiben eines Weinausschanks in seinem Haus »Zu den Drei Roten Rosen« vorwarfen.21
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