I 318 Kulturelle Integrationsstrategien von Außenseitern und Aufsteigern in Mitteleuropa vom 14. bis 18. Jahrhundert Als Makovský Mitte des Jahres 1603 dem Kaiser einen größeren Geldbetrag anbot, für den er sich, ganz im Sinne seiner üblichen Machenschaften in der Leibkammer, die Stelle des Unterkämmerers der königlichen Städte in Böhmen kaufen wollte, begann der Stern des Oberkammerdieners rasch zu sinken. Nachdem auch die betrügerischen Bemühungen Makovskýs um den Erwerb mehrerer böhmischer Lehen im römisch-deutschen Reich ans Licht kamen, wurde er im Herbst 1603 verhaftet. Die Nachricht über den Fall des verhassten Oberkammerdieners verbreitete sich rasant in Prag und anderen Städten des Königreiches Böhmen.22 Während der rosenbergische Archivar Václav Březan den Sturz Jeroným Makovskýs offen begrüßte, verschaffte sich Peter Wok von Rosenberg rasch eine Kopie der Anklageschrift, denn er befürchtete, dass seine Kontakte mit dem angeklagten Oberkammerdiener verraten werden könnten.23 Jeroným Makovský wurde vor allem der Beleidigung der Majestät des Herrschers beschuldigt, ein Vergehen, das er begangen hatte, als er dem Kaiser Bestechungsgelder anbot, für die er als Gegenleistung die Stelle des Unterkämmerers verlangte. Die Anklage warf Makovský auch betrügerische Handlungen beim beabsichtigten Erwerb der böhmischen Lehen im römisch-deutschen Reich vor, denn er hatte deren Verzeichnis, aus dem er Seiten herausgerissen hatte, unrechtmäßig an sich gebracht. Der Oberkammerdiener wurde der Annahme hoher Bestechungsgelder angeklagt, die er als Vorbedingung für die Vermittlung einer Audienz beim Kaiser verlangte. Die Anklage beschuldigte Jeroným Makovský auch, vertrauliche Informationen aus der Leibkammer weitergegeben zu haben, die das Geschehen in unmittelbarer Nähe des Kaisers betrafen. In den Schlusspunkten der umfangreichen Anklageschrift wurde Jeroným Makovský von Maková weiterer Verstöße beschuldigt. Er habe in der Leibkammer bereits verstorbene Personen weiter als aktive Angestellte geführt und deren Besoldung einbehalten, er habe Unterschriften auf Urkunden gefälscht und unmoralisches Verhalten an den Tag gelegt, indem er eine Konkubine aushielt. Als die Untersuchungskommission in Makovskýs Haus die Vorrichtung für ein alchemistisches Labor vorfand, klagte sie ihn sogar der Hexerei an. Da die Anklageschrift des nichtkatholisch gesinnten Jeroným Makovský von Maková von den radikalen Katholiken Zdenko Adalbert Popel von Lobkowitz, Heinrich Domináček von Pisnitz und Johann Mencl von Kolsdorf verfasst wurde, ist nicht auszuschließen, dass sich in ihrer Sichtweise das Stereotyp eines unzuverlässigen Evangelischen widerspiegelte, dessen negatives Bild damals aus propagandistischen Gründen auch in die Relationen der päpstlichen Nuntien Eingang fand.24 Den Schlusspunkt des tiefen sozialen Falls des Jeroným Makovský von Maková besiegelten die Angehörigen des böhmischen Ritterstandes zu Beginn des Jahres 1605. Damals wurde auf der Sitzung des böhmischen Landtages der ehemalige Oberkammerdiener aus dem Ritterstand ausgeschlossen.25 Philipp Lang von Langenfels Nach dem Fall Jeroným Makovskýs von Maková übernahm im Herbst 1603 Philipp Lang von Langenfels die Stelle des Oberkammerdieners.26 Er wurde höchstwahrscheinlich um 1560 geboren; sein Vater Kašpar Lang war als Einkäufer am Hofe Maximilians II. tätig und hielt in Prag ein Haus.27 Die jüdische Herkunft des neuen Oberkammerdieners stellte die moderne Historiografie in Zweifel.28 Über die religiöse Überzeugung Philipp Langs sind fast keine Nachrichten erhalten. Ob er eher dem katholischen oder dem evangelischen Glauben näher stand, ist aus den bisher bekannten lückenhaften Erkenntnissen nicht zuverlässig zu erschließen. Die überlieferten Quellen weisen seine gelegentliche Teilnahme an den katholischen Gottesdiensten in Begleitung Christoph Popel des Jüngeren von Lobkowitz nach, in dessen Prager Haus er ähnlich wie Jeroným Makovský von Maková häufig zu Gast war.29 Lang begann seine politische Karriere in der Mitte der 1570er Jahre am Hofe des älteren Sohnes Ferdinands von Tirol, Andreas’ von Österreich. Zu Beginn der 80er Jahre schloss er die sehr vorteilhafte Ehe mit einer Hofdame Philippine Welsers in Innsbruck und stieg rasch zum Kämmerer Erzherzog Ferdinands von Tirol auf.30 Er verließ Innsbruck wahrscheinlich erst um 1600. Damals wurde er zusammen mit seiner Gemahlin und mit den Söhnen Ferdinand und Andreas in Prag ansässig, wo er spätestens im nächsten Jahr Kammerdiener in der Leibkammer Rudolfs II. wurde.31 In den kaiserlichen Dienst trat Philipp Lang schon als Wappenbürger mit dem Prädikat von Langenfels.32 Dass der Einfluss Philipp Langs am Hofe Rudolfs II. zu Beginn des 17. Jahrhunderts groß war, belegt seine erhaltene Korrespondenz mit Fürstenhäusern im römisch-deutschen Reich, Italien, Spanien und österreichischen Ländern.33
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