Die Erben des Aufsteigers Strategien der Familie Schlick zur Rang- und Herrschaftswahrung im 15. und 16. Jahrhundert Uwe Tresp »[. . .] der keiser hette einen, der hieß Kasper Slick und was eins burgers son von Eger und was zu dem keiser komen, do man schreip 14 hundert 16 jor also er noch Romischer konig was. [. . .] und waz einer von Ellenbogen oder von Sulzbach, bi dem lernte Casper Slick, das er underkanzler wart. Also do nü der keiser zü Hohen Synn [Siena] lag [. . .] und gon Rome wolt, als er ouch det, do macht der keiser Casper Slick zu eime Römschen canzler und macht in zu einem friherrn und slug in selber ritter; und wart der selbe Casper so mechtig, daz er im die pflege zü Eger gap und darnoch daz huß und die stat zum Ellenbogen. [. . .] Und [hat] gehort ieman, das eins burgers sun zu Dutschen landen so mechtig worden?«1 In diesen Worten des Kaiser-Sigismund-Biografen Eberhart Windeck (um 1380–1440/41) drückt sich das Erstaunen der Zeitgenossen über die schillernde Persönlichkeit des Kaspar Schlick (um 1395/96–1449) und seinen steilen Aufstieg aus.2 Mit Schlick gelangte erstmals ein Laie ohne Priesterweihe an die Spitze der königlichen und kaiserlichen Kanzlei. In dieser Position diente er nacheinander drei Herrschern – den römischen Königen bzw. Kaisern Sigismund, Albrecht II. und Friedrich III. – und führte deren Politik als geschickter Diplomat auf europäischem Parkett. Als Lohn hierfür erhielt er zahlreiche Güter im Reich, in Italien, Ungarn und Böhmen als Eigenbesitz, Pfand oder zumindest als Besitzanspruch. Einiges davon verschaffte er sich offenbar auch durch Fälschung oder Manipulation königlicher Urkunden, sowie – durch die jeweiligen Interessenten – als Gegenleistung für seine Vermittlung und Unterstützung bei der Förderung von verschiedenen Anliegen an den Kaiser. Eine derartige Praxis, die man heute wohl als Korruption und Amtsmissbrauch bezeichnen würde, war seinerzeit nicht unüblich, nahm in diesem Fall aber ein ungewöhnliches Ausmaß an. Somit avancierte der ehrgeizige Sohn eines Egerer Tuchhändlers erst zum durch den Kaiser selbst promovierten Ritter, dann zum ungarischen Herrn und erwarb schließlich – angeblichen – Anspruch auf den Titel eines Grafen von Bassano (Abb. 1). Durch seine spektakuläre Heirat mit Agnes († 1448), der Tochter des schlesischen Herzogs Konrad V. »Kantner« von Oels († 1439) im Jahre 1437 geriet er sogar in den Kreis der weiteren Verwandtschaft Kaiser Sigismunds, der persönlich maßgeblichen Anteil an der Stiftung dieser Ehe genommen hatte.3 Die Faszination der Zeitgenossen über diese Karriere blieb auch nach Schlicks frühzeitigem Tod 1449 Abb. 1 Wappen der Grafen Schlick auf dem Titelvorblatt der frühen Beschreibung von St. Joachimsthal (Rudthart 1523). Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, VD16 R 3470 (Foto: Uwe Tresp, Potsdam)
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