32 Goethe und seine Münzsammlung Gunnar R. Dumke Prolog »[...] Mehr Belehrung und Freude versprech ich mir jedoch aus den Anordnungen, welche Ew. Exzellenz bei dem Münzkabinett treffen werden. Es wird sich finden, daß wir in Weimar auch in diesem Fache schöne Besitzungen haben. Ew. Exzellenz Sammlung antiker Münzen, die meinigen vom funfzehnten [sic] her, besonders auf Kunstgeschichte berechnet; sodann die herzogliche, die Geschichte des Hauses erläuternd, welches in diesem Augenblicke zwischen Sein und Nichtsein schwankt. Möge uns so mancher schöne Besitz zunächst Freude und Unterhaltung geben.«1 Mit dieser Nachricht beschrieb Goethe seine Vision eines numismatischen Weimars: Voigts Sammlung antiker Münzen, die herzogliche Münzsammlung, die die Dynastiegeschichte behandelt, und seine eigene, auf die Kunstgeschichte seit dem 15. Jahrhundert ausgerichtet.2 Es ist offensichtlich, welchen Teil seiner Sammlung Goethe hier besonders betonte: seine Sammlung von gut 2 000 Medaillen, in der Mehrheit italienische Renaissance-Medaillen.3 Den Rest machen knapp 2 000 Münzen aus, hiervon 759 antike, die sich in 121 griechische und 639 römische unterteilen. Die restlichen gut 1 000 Münzen reichen vom Mittelalter bis in die frühe Neuzeit und geografisch von Mittelamerika bis nach China. Die jüngste Münze in der Sammlung ist ein preußischer halber Groschen von 1831, nur ein Jahr vor Goethes Tod (Abb. 1).4 Überlieferung der Sammlung und offene Fragen Goethes Münzsammlung beziehungsweise Teile davon haben bislang zwei Publikationen erfahren. Goethes letzter Privatsekretär Johann Christian Schuchardt (1799–1870) legte 1847/1848 ein Gesamtverzeichnis der Goetheʼschen Kunstsammlungen vor.5 Für die Münzen waren hierfür vier Bearbeiter tätig: Julius Friedländer (1813–1884), der zu der Zeit bereits im Berliner Münzkabinett tätig war, nahm sich der Medaillen an. Die antiken Münzen sind von Johann Jakob Leitzmann (1798–1877) bearbeitet worden. Leitzmann, Pfarrer und Numismatiker aus der Nähe von Sömmerda, unweit von Weimar gelegen, war vor allem als Herausgeber der Numismatischen Zeitung Weißensee bekannt geworden. Die Münzen des Mittelalters und der frühen Neuzeit wurden von Schuchardt selbst bearbeitet, die orientalischen Münzen schließlich vom Jenaer Professor Johann Gustav Stickel (1805–1696). Die Qualität der Bearbeitung schwankt jedoch deutlich zwischen den einzelnen Beiträgen, wie bereits Behrendt Pick bemerkt hat.6 Unklar bei dieser Publikation, und auch bei der Sammlung insgesamt, bleibt, inwieweit die hier vorgelegte Ordnung auf Goethe selbst zurückgeht. Einzelne Elemente vermitteln einen ungeordneten Eindruck, zum Beispiel die Kategorie »Varia«:7 Hier werden immerhin 149 unterschiedlichste Objekte aufgelistet, von Münzen und Rechenpfennigen über Jetons und Abgüsse bis hin zu Medaillen und Medaillons. Handelt es sich hierbei um Objekte, die Goethe selbst nicht mehr versorgt hatte? Oder sind es Münzen und Medaillen, die nach Goethes Tod außerhalb der Sammlung gefunden und erst dann der Sammlung
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